In Umfragen weit vorn Trotz Haft: Lula wird Präsidentschaftskandidat in Brasilien

São Paulo/Brasília · Das Drama um Brasiliens linke Ikone Lula geht in die nächste Runde. Der Ex-Staatschef sitzt seit April im Gefängnis, seine Partei will ihn trotzdem ins Rennen um das Präsidentenamt im Oktober schicken. Der Showdown könnte in den nächsten Tagen erfolgen.

 Lula-Unterstützer demonstrieren für eine Freilassung des inhaftierten brasilianischen Ex-Präsidenten.

Lula-Unterstützer demonstrieren für eine Freilassung des inhaftierten brasilianischen Ex-Präsidenten.

Foto: Henry Milleo

Ungeachtet seiner langjährigen Haftstrafe ist Brasiliens früherer Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva (72) erneut als Präsidentschaftskandidat aufgestellt worden.

"Wir kamen, um unseren Kandidaten zu bestimmen: Lula", zitierte das Nachrichtenportal "Globo" am Samstag die Chefin der linken Arbeiterpartei, Gleisi Hoffmann, bei einem Parteitag in der Wirtschaftsmetropole São Paulo.

Ob Lula aber tatsächlich für die Wahl am 7. Oktober kandidieren kann, ist fraglich. Der Ex-Staatschef (2003-2010) sitzt seit April eine 12-jährige Haftstrafe wegen Korruption ab. Er selbst bestreitet alle Vorwürfe. Die Kandidatur muss nun am 15. August offiziell bei den Wahlbehörden eingereicht werden. Es wird damit gerechnet, dass ein Wahlgericht die Kandidatur zuvor untersagt.

Trotz der Korruptionsvorwürfe bleibt Lula der beliebteste Politiker des Landes: Der frühere Metallarbeiter führte deutlich in den letzten Umfragen mit rund 30 Prozent der Stimmen. Unterstützt wird er vor allem von den armen Brasilianern. Mit den Sozialprogrammen seiner Regierung hatte Lula im vergangenen Jahrzehnt Millionen Menschen aus der Armut geholt.

Noch ist unklar, welche Auswirkungen auf die Wahlen Lulas Ausschluss hätte. Wegen mehrerer Korruptionsskandale durchlebt die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas gerade politisch turbulente Zeiten. Zweitplatzierter in den Umfragen ist der Ex-Militär Jair Bolsonaro. Wegen seiner rechtspopulistischen Parolen und seiner Attacken auf die Medien wird Bolsonaro oft mit dem US-Präsidenten Donald Trump verglichen.

Als Hoffnungsträgerin gilt vielen Brasilianern die frühere Umweltministerin Marina Silva (60). Die ehemalige Weggefährtin Lulas wurde am Samstag beim Parteitag der Öko-Partei Rede Sustentabilidade (Netzwerk Nachhaltigkeit) in Brasília ebenfalls zur Präsidentschaftskandidatin gekürt.

Silva war fünf Jahre lang Umweltministerin während der Amtszeit Lulas gewesen; sie verließ 2008 jedoch die Regierung und die Arbeiterpartei im Streit über deren Umweltpolitik. Nach ihren Kandidaturen 2010 und 2014 gilt sie in diesem Jahr wieder als aussichtsreiche Bewerberin. Die schwarze Umweltaktivistin ist eine der wenigen Politiker Brasiliens, die bislang in keinen Korruptionsfall verwickelt sind.

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