"Ausgezeichnet qualifiziert" Trotz massiver Kritik: Merkel steht zu Oettinger

Berlin/Brüssel · Der deutsche EU-Kommissar Oettinger hat mit einer Rede in Hamburg nicht nur Chinesen, Frauen und Homosexuelle gegen sich aufgebracht. Auch aus der Koalition kommt Kritik. Aber die Kanzlerin steht zu ihm. Noch eine Personalfrage käme ihr extrem ungelegen.

 Die Empörung über die abfälligen Äußerungen von EU-Kommissar Oettinger zu Chinesen, Frauen und Homo-Ehe ist groß.

Die Empörung über die abfälligen Äußerungen von EU-Kommissar Oettinger zu Chinesen, Frauen und Homo-Ehe ist groß.

Foto: Felix Kästle/Archiv

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat trotz des Ärgers um abfällige Äußerungen von Günther Oettinger volles Vertrauen in den EU-Kommissar. Das sei "selbstverständlich", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Mit seiner Erfahrung sei Oettinger ein "ausgezeichnet qualifizierter" Kommissar. Zudem habe der ehemalige CDU-Ministerpräsident Baden-Württembergs seine Bemerkungen inzwischen eingeordnet.

Aber die Kritik an Oettinger, der eben erst zum EU-Haushaltskommissar aufgestiegen war, hält an. Er hatte in einer Rede in Hamburg unter anderem Chinesen als "Schlitzaugen" bezeichnet, von einer "Pflicht-Homoehe" gesprochen und durchblicken lassen, Frauen könnten ohne Quotenregelung keine Spitzenpositionen erreichen.

Später spielte er die Aussagen herunter. Seine Worte über "Schlitzaugen" seien eine "saloppe Äußerung" gewesen, sagte er der Zeitung "Die Welt". Er habe nur auf die wachsende Konkurrenz durch Länder wie China oder Südkorea hinweisen wollen. Über die Homo-Ehe habe er nur gesprochen, weil sie eines der Themen in der öffentlichen Debatte sei.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wollte sich am Montag nicht weiter zu der Oettinger-Rede äußern. Ein Sprecher sagte lediglich in Anspielung auf die Ermittlungen gegen die US- Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, dass es in der EU-Kommission kein FBI gebe, das gegen Kommissare ermittle.

In Belgien verstärkten Oettingers Bemerkungen über das Verhalten der Region Wallonie bei den Handelsgesprächen mit Kanada die Entrüstung. Oettinger sagte nach Angaben eines Anwesenden bei der Rede in Hamburg, die Region werde von "Kommunisten" geführt, die ganz Europa blockierten.

In Berlin kam Kritik nicht nur von der Opposition. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) bezeichnete die Bemerkungen des CDU-Politikers in der "Nordwest-Zeitung/NWZ" (Montag) als "rassistisch und homophob". SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte, die Äußerungen richteten innen- wie außenpolitisch Schaden an. "Es steht die Frage im Raum, ob Herr Oettinger als deutscher EU-Kommissar noch tragbar ist."

Der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte der "NWZ": "Es ist peinlich, dass ein solcher Rassist und Sexist EU-Kommissar für Deutschland ist." Bartsch rief die Kanzlerin auf: "Frau Merkel, ziehen Sie diesen Mann zurück."

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte Oettingers Wortwahl in der "Passauer Neuen Presse" (Montag) "mehr als befremdlich". Linken-Fraktionsvorstandsmitglied Jan Korte sagte: "Oettinger scheint in seinem spießig-reaktionären Weltbild gefangen. Wer so drauf ist, ist als EU-Kommissar völlig ungeeignet. Sein Humor ist einfach nur plump und unangebracht."

Oettinger, bisher zuständig für Digitalwirtschaft, soll nach dem Wechsel der Bulgarin Kristalina Georgiewa zur Weltbank deren Posten des EU-Haushaltskommissars übernehmen. Dem Amt kommt gerade bei den Verhandlungen mit Großbritannien über den EU-Austritt (Brexit) große Bedeutung zu.

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