Scharfe Töne Richtung USA Türkei droht mit Ausweitung der Offensive gegen Kurden

Istanbul · Gefechte und Artilleriebeschuss - die Kämpfe zwischen der Türkei und der kurdischen Miliz YPG in Syrien dauern an. Ankara will die Offensive sogar ausweiten und reagiert empfindlich auf Kritik aus dem eigenen Land.

 Türkische Soldaten machen in der Region Hatay nahe der syrischen Grenze ihre Panzer gefechtsbereit.

Türkische Soldaten machen in der Region Hatay nahe der syrischen Grenze ihre Panzer gefechtsbereit.

Foto:  Lefteris Pitarakis

Vier Tage seit Beginn der türkischen Militäroperation gegen kurdische Milizen in Nordwestsyrien hat Ankara die Ausweitung des Einsatzes auf weitere kurdisch kontrollierte Gebiete angedroht.

Zugleich appellierte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu in einem Interview mit der Zeitung "Habertürk" an die USA, auf die mit ihr verbündete kurdische Miliz YPG einzuwirken.

Diese gebe von der ostsyrischen Region Manbidsch aus "ständig Störfeuer" ab, sagte Cavusoglu. "Wenn die USA das nicht stoppen können, werden wir das stoppen", sagte er demnach. Die Gefechte in der nordwestsyrischen kurdischen Enklave Afrin hielten am Dienstag unterdessen an mehreren Fronten an.

Die von der Türkei am Samstag begonnene Offensive "Olivenzweig" zielt auf die mit den USA verbündeten kurdischen Volksschutzeinheiten YPG in der kurdischen Enklave Afrin nahe der türkischen Grenze. Die türkische Armee wird von Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA) unterstützt. Ankara sieht die YPG als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und bezeichnet die Miliz als Terrororganisation.

Die USA hat die YPG im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien mit Waffen ausgerüstet. In Manbidsch hatte die USA zuletzt Ausbilder vor Ort, was ein Vorgehen der Türken in der Region besonders brisant machen würde.

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte und kurdischen Kämpfern flogen am Dienstag trotz schlechter Wetterbedingungen türkische Kampfjets über das Gebiet um Afrin. Ein kurdischer Sprecher berichtete von Artillerie-Beschuss im Norden der Region.

Die Menschenrechtler berichteten weiter, dass auch Kurdengebiete in der Stadt Kamischli im Nordosten Syriens von der Türkei aus beschossen wurden. Dabei seien zwei Kinder verletzt worden. Die türkische Zeitung "Hürriyet" berichtete, die in der Grenzprovinz Mardin stationierten Soldaten hätten damit auf Beschuss von kurdischen Milizen aus Syrien reagiert. Von offizieller Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung.

Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter wurden seit Beginn der Offensive mindestens 100 Menschen getötet, darunter 23 Zivilisten und mehrere Kämpfer auf beiden Seiten. Zudem wurden nach offiziellen Angaben zwei türkische Soldaten getötet.

Der Sprecher von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, erklärte am Dienstag, der Einsatz ginge weiter, "bis die separatistische Terrororganisation von der Region vollständig gesäubert wird". Ziel sei zudem, dass die rund 3,5 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei in ihr Heimatland zurückkehren könnten.

Unterdessen gehen die türkischen Behörden gegen Kritiker der Militäroperation im eigenen Land vor. Der Sprecher der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Ayhan Bilgen, sagte, die Polizei habe Razzien in Provinz-und Bezirksbüros der HDP unter anderem in der südosttürkischen Provinz Siirt, in der Hauptstadt Ankara und in der westtürkischen Stadt Izmir durchgeführt. Mehrere HDP-Politiker seien festgenommen worden. Zudem sei Haftbefehl gegen den Vize-Vorsitzenden der Partei, Nadir Yildirim, erlassen worden, der sich in den sozialen Medien nach Angaben der HDP kritisch über die Militäroffensive geäußert hatte.

Die Zeitung "Cumhuriyet" berichtete von mindestens fünf Journalisten die seit dem Vortag wegen kritischer Äußerungen in den sozialen Medien festgenommen wurden. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete insgesamt 91 Festnahmen wegen "Propaganda für Terrororganisationen." Präsidentensprecher Kalin erklärte, gegen alle Aktivitäten der "Desinformation" werde gerichtlich vorgegangen.

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