Bundestagsabgeordneter Hunko Türkei verweigert deutschem Wahlbeobachter die Einreise

Istanbul/Berlin · Der Linken-Abgeordnete Hunko war schon beim Referendum in der Türkei Wahlbeobachter. Anschließend geriet er in die Kritik der Regierung. Nun wollte er für die OSZE erneut als Wahlbeobachter anreisen - und muss kurz vor dem Start des Fliegers aussteigen.

 Der OSZE-Wahlbeobachter und Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko darf nicht in die Türkei einreisen.

Der OSZE-Wahlbeobachter und Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko darf nicht in die Türkei einreisen.

Foto: Michael Kappeler

Kurz vor der türkischen Parlaments- und Präsidentenwahl hat die Regierung in Ankara zwei Wahlbeobachtern aus Deutschland und Schweden die Einreise verweigert.

Dem Linken-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko wurde kurz vor seinem Abflug von Wien nach Ankara über die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mitgeteilt, dass ihm die Teilnahme an der OSZE-Beobachtermission nicht gestattet werde. Den deutsch-türkischen Beziehungen droht damit eine neue Belastungsprobe.

Die Parlamentarische Versammlung der OSZE bestätigte später, dass auch der schwedische Parlamentarier Amin Jabar keine Einreiseerlaubnis erhalten habe. "Wir sind enttäuscht über diesen Schritt der türkischen Behörden, der sich negativ auf die Arbeit der internationalen Beobachtermission auswirken könnte", hieß es in einer Stellungnahme. Es handele sich um einen Verstoß gegen die Regeln für solche Missionen, nach denen die Zusammensetzung der Beobachterteams nicht von dem Staat beeinflusst werden darf, der zur Wahlbeobachtung eingeladen habe.

Hunko war bereits beim Verfassungsreferendum im April 2017 als Wahlbeobachter in der Türkei gewesen. Er hatte in dem Zusammenhang "die undemokratischen und unfairen Bedingungen" bei der Abstimmung kritisiert. Die türkische Regierung warf ihm Sympathien für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vor und zweifelte seine Objektivität an.

Das scheint auch der Grund für die jetzige Einreiseverweigerung zu sein. Der Abgeordnete Mustafa Yeneroglu von der türkischen Regierungspartei AKP sagte der Deutschen Presse-Agentur, Hunko und seine Partei seien "eifrige Unterstützer" der Terrororganisation PKK. "So wie Deutschland Unterstützern von Terrororganisationen die Einreise verweigern würde, so ist die Haltung der türkischen Regierung konsequent."

Hunko nannte das Einreiseverbot einen "nie da gewesenen Affront gegen die internationale Wahlbeobachtung". Bundesaußenminister Heiko Maas müsse bei der türkischen Regierung durchsetzen, "dass diejenigen deutschen Abgeordneten, die an Wahlbeobachtungsmissionen teilnehmen, dies ungehindert tun können".

Die Linke-Abgeordnete und Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Sevim Dagdelen, forderte das Auswärtige Amt auf, umgehend den türkischen Botschafter einzubestellen. Die Einreiseverweigerung sei eine gezielte Provokation von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan "und eine Attacke auf die deutsch-türkischen Beziehungen", sagte Dagdelen der dpa. "Wer wie der türkische Präsident Erdogan ständig zündelt, sollte nicht noch durch massive Finanzhilfen weiter belohnt werden."

Das Auswärtige Amt erklärte, dass es mit der türkischen Seite in Kontakt sei und sich für eine Aufhebung der Einreisesperre einsetze. "Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung der OSZE leisten einen wichtigen Beitrag zur Wahlbeobachtung und damit zur Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit", hieß es.

Hunko wies erneut zurück, dass er der PKK nahestehe. "Dass die türkische Regierung so tut, als ob ich als OSZE-Wahlbeobachter in die Türkei reise und Propaganda für die PKK mache, ist natürlich absurd", sagte er. "Das zeigt die Nervosität der türkischen Regierung angesichts der Wahl."

In der Türkei werden am Sonntag der Präsident und das Parlament gewählt. Umfragen zufolge ist nicht garantiert, dass Erdogan in der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit erhält. Dann müsste er am 8. Juli in eine Stichwahl. Auch die absolute Mehrheit von Erdogans AKP im Parlament könnte gefährdet sein.

Im vergangenen Jahr hatte die türkische Regierung Bundestagsabgeordneten den Besuch deutscher Soldaten auf der Luftwaffenbasis Incirlik verweigert. Das hatte die Krise zwischen den beiden Ländern weiter verschärft. Die Bundesregierung zog die Soldaten daraufhin nach monatelangem Streit aus Incirlik ab.

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