Staatskrise löst Flüchtlingswelle aus Tunesiens selbsternannter Retter gerät in die Klemme

Istanbul · Der Druck auf den tunesischen Präsidenten Kais Saied wächst. Er soll endlich Reformen einführen - so die Forderung der Bevölkerung. Viele sehen nur noch die Flucht nach Europa als Ausweg aus Armut und Korruption.

 Eine Gruppe von Migranten aus Chebba (Tunesien) fährt Anfang September in einem Fischerboot durch das Mittelmeer in Richtung der Insel Lampedusa.

Eine Gruppe von Migranten aus Chebba (Tunesien) fährt Anfang September in einem Fischerboot durch das Mittelmeer in Richtung der Insel Lampedusa.

Foto: dpa/Jesús Hellín

Mehr als 11 000 Flüchtlinge aus Tunesien sind seit Jahresbeginn in Italien angekommen – so viele wie aus keinem anderen Land. Ein Grund dafür ist die Staatskrise in Tunis, wo Präsident Kais Saied im Juli das Parlament und die Regierung nach Hause geschickt hatte. Viele Tunesier jubelten damals dem Präsidenten zu. Doch Saieds „Putsch“, wie seine Kritiker die Entmachtung staatlicher Institutionen durch den Präsidenten nennen, hat die Probleme des Landes nicht gelöst. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert von Saied die Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie. Unter dem wachsenden Druck bemüht sich Saied, seine Reformbereitschaft zu demonstrieren: Er ernannte jetzt die erste Ministerpräsidentin in der Geschichte des Landes.