Zwei freigelassene deutsche Geiseln "Überlebt und richtig froh"

MANILA · ZDie beiden von der philippinischen Terrorgruppe "Abu Sayyaf" freigelassenen deutschen Geiseln Stefan Okonek (72) und Henrike Dieter (55) werden seit ihrer Ankunft in der philippinischen Hauptstadt Manila am Samstag von Vertretern der Deutschen Botschaft systematisch abgeschirmt. Nur so viel war zu erfahren: "Die beiden sind richtig froh, dass sie überlebt haben."

Tatsächlich schien Okonek jedes seiner 72 Lebensjahre ins Gesicht geschrieben zu sein, als ihm philippinische Behörden mit Vertretern der deutschen Botschaft am Samstag in der Stadt Zamboanga ins Flugzeug nach Manila halfen. Seine Lebensgefährtin Henrike Dieter überstand die mehr als sechsmonatige Tortur im Urwald der Insel Solo offenbar etwas besser. Dennoch erklärte Oberst Harold Cabunoc, Sprecher von Manilas Luftwaffe: "Beide benötigen medizinische Behandlung, bevor sie nach Hause können."

Okonek verlor laut eigenen Angaben zehn Kilogramm Körpergewicht. Seine Gefährtin hatte in früheren Videobotschaften beschrieben, dass die beiden auf feuchten Boden schlaffen mussten. Zuletzt hatten die Geiselnehmer gedroht, den Arzt Okonek zu köpfen, um ihrer Lösegeldforderung Nachdruck zu verleihen. Der Durchbruch beim Feilschen um das Leben des Paars aus Eltville im Rheingau kam am Freitag nach der Ankunft des deutschen Krisenbeauftragten Rüdiger König. Zunächst verlängerten die Geiselnehmer ihr Ultimatum. Laut eigenen Angaben ließen sie das Paar schließlich um 20.57 Ortszeit frei. Drei Minuten später sollen die Deutschen auf stockdunkler Straße vor einer Straßensperre der Polizei aufgetaucht sein. Angesichts der Schwäche von Okonek erscheint die Schilderung allerdings zweifelhaft

Ein Vertreter von Abu Sayyaf beharrte auf der Behauptung, sie habe die verlangte Lösegeldsumme in Höhe von 4,3 Millionen Euro komplett erhalten. Die Summe würde in einen normalen Koffer passen. Tatsächlich war Freitag plötzlich nicht mehr von der vorherigen Forderung der Abu Sayyaf die Rede, Berlin müsse seine Unterstützung des Luftkampfs gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" im Nahen Osten einstellen.

Abu Sayyaf, die seit Anfang des Jahrtausends eine blutige Spur ziehen, konnte trotz aller Offensiven bislang nicht völlig zerschlagen werden. Zum einen gelingt es der relativ undisziplinierten Truppe dank Lösegeldern Schutz bei der Bevölkerung zu erkaufen. Andererseits stellten Ableger der Gruppe bei einigen der mehr als zehn von ihnen festgehaltenen anderen ausländischen Geiseln nie Lösegeldforderungen.

Und während die Zeitungen über Tee und Schokolade für die freigelassenen Deutschen berichten, ist manchen Filipinos angesichts der wahrscheinlichen Lösegeldzahlungen unwohl. "Mir gefällt das nicht", sagt der 45-jährige Dennis Opoc, "das Geld hilft dem Terrorismus."

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