500 Jahre Reformation Umstrittener Papst-Besuch in Lund

Rom · Als erster Papst gedenkt Franziskus zusammen mit den Lutheranern in Schweden der Reformation. Im Vatikan ist das ein heikles Thema.

 Papst Franziskus besucht am 15.11.2015 in Rom die Luther-Kirche. Zum gemeinsamen Gedenken aber fährt Papst Franziskus zum Auftakt des 500. Jubiläumsjahres der Reformation nach Südschweden.

Papst Franziskus besucht am 15.11.2015 in Rom die Luther-Kirche. Zum gemeinsamen Gedenken aber fährt Papst Franziskus zum Auftakt des 500. Jubiläumsjahres der Reformation nach Südschweden.

Foto: dpa

Das südschwedische Lund machte in den vergangenen Jahren vor allem mit einem animierten Studentenleben von sich Reden. Ab Montag hat das Städtchen seinen Platz in der Religionsgeschichte sicher. Als erster Papst reist Franziskus am Reformationstag zu einer gemeinsamen Gedenkfeier mit dem Lutherischen Weltbund (LWB) nach Schweden. Das Ereignis gilt vielen als großer Schritt in der ökumenischen Annäherung von Katholiken und Protestanten.

In Lund hat der 1947 gegründete Lutherische Weltbund seinen Sitz. Der Vatikan versteht das 500. Jubiläum der Reformation trotz Herkunft und Wirkungsstätten Martin Luthers nicht als rein deutsches, sondern als internationales Ereignis. Deshalb nahm Franziskus die Einladung der Lutheraner nach Schweden an. Über einen Deutschlandbesuch im Gedenkjahr der Reformation hat sich der Papst bislang nicht geäußert.

Der Besuch wird seit Langem in allen Details gemeinsam von Lutheranern und Vatikan vorbereitet, die Reformation ist insbesondere für Rom ein heikles Thema. Am Montagnachmittag wird in der heute protestantischen und einst katholischen Kathedrale der Stadt ein gemeinsamer ökumenischer Gottesdienst des Papstes mit den Spitzen der Lutheraner stattfinden. Anschließend folgt ein „ökumenisches Event“ im Stadion der nahegelegenen Stadt Malmö. Auf Wunsch der schwedischen Katholiken feiert Franziskus am Allerheiligen-Dienstag noch eine Messe in Malmö. Auch hier feiern die Lutheraner mit.

„Die Zeit ist reif, dass wir uns weg vom Konflikt hin zur Gemeinschaft bewegen“, sagte LWB-Generalsekretär Martin Junge. „Vom Konflikt zu Gemeinschaft“ ist auch der Titel einer 2013 veröffentlichten, gemeinsamen Erklärung von Lutheranern und Vatikan, in der beide Seiten eine positive Bilanz des nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil begonnenen und bislang 50 Jahre dauernden ökumenischen Dialogs ziehen. „Es ist ein historisches Ereignis, da erstmals in der Geschichte Protestanten und Katholiken gemeinsam der Reformation gedenken“, sagte der Präsident des päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Kurt Koch.

Schwerpunkt der Veranstaltung im Malmö-Stadion wird die „praktische Ökumene“ sein, also das gemeinsame Engagement von Lutheranern und Katholiken für Frieden, Flüchtlinge oder Umweltschutz. Während dieser Aspekt der Ökumene insbesondere unter Papst Franziskus hervorgehoben wird, bleiben auch problematische Aspekte bei den Bemühungen um die Einheit der Christen. Dass der Papst sich am Gedenktag des Anschlags der 95 Thesen Luthers nach Schweden begibt, stößt im Vatikan nicht nur auf Zustimmung. „Streng genommen haben wir Katholiken keinen Grund den 31. Oktober 1517 zu feiern, also das Datum, das als Beginn der Reformation betrachtet wird“, schreibt der deutsche Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, in seinem neuen Interview-Buch mit dem Titel „Die Botschaft der Hoffnung“. Die Reformation habe schließlich die Spaltung des Christentums ausgelöst.

In Rom ist man deshalb bemüht, das Ereignis weniger als freudige Feier, sondern als gemeinsames Gedenken einzustufen. Im Vatikan befürchtet mancher, der Papst könne sich wie bei seinem Besuch in der lutheranischen Christuskirche in Rom vor einem Jahr wieder einmal „theologisch vergaloppieren“. Damals hatte Franziskus Verständnis für die gemeinsame Kommunion von Katholiken und Protestanten signalisiert, die lehramtlich eigentlich ein Tabu ist.

Auch andere wesentliche Unterschiede bestehen zwischen den beiden Konfessionen weiter. Frauen werden bei den Lutheranern zu Priestern geweiht, Homosexuelle können in Schweden kirchlich heiraten, das Sakramente- und Kirchenverständnis unterscheidet sich wesentlich. Während die katholische Kirche mit ihren 1,2 Milliarden Mitgliedern um Uniformität bemüht ist, gibt es 145 lutheranische Kirchen mit etwa 75 Millionen Mitgliedern.

„Die Einheit der Christen wird wohl erst am Ende der Zeiten eintreten“, heißt es dazu lapidar aus der römischen Glaubenskongregation. Wie weit der argentinische Papst diesmal in der Annäherung an die Lutheraner gehen wird, bleibt dennoch eine der großen Fragen des Besuchs in Lund.

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