Konfrontationskurs Venezuelas Opposition hält eigenes Plebiszit ab

Caracas · Die Opposition in Venezuela befürchtet, dass Staatschef Maduro durch die geplante Verfassungsreform noch mehr Macht bekommen könnte. Mit einer nicht anerkannten Volksbefragung lässt sie über die Pläne abstimmen. Das erdölreichste Land der Welt steht am Abgrund.

 Anti-Maduro-Shirt in Kolumbien: Die Regierung Venezuelas wird in der Region für ihre autoritären Tendenzen zunehmend offen kritisiert.

Anti-Maduro-Shirt in Kolumbien: Die Regierung Venezuelas wird in der Region für ihre autoritären Tendenzen zunehmend offen kritisiert.

Foto: Sofia Toscano

Venezuelas Opposition geht offen auf Konfrontationskurs zur sozialistischen Regierung von Staatschef Nicolás Maduro. Das von mehreren Oppositionsparteien kontrollierte Parlament ließ am Sonntag ein inoffizielles Plebiszit gegen Maduros Pläne für eine Verfassungsreform abhalten.

Millionen Venezolaner waren aufgerufen, über die umstrittene Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung abzustimmen. Die Regierung nennt die Abstimmung illegal. Die seit Wochen tobenden Proteste gingen derweil weiter.

Maduro hat für Ende Juli die Wahl der Versammlung zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung angekündigt. Die Regierungsgegner lehnen dies als verfassungswidrig ab und fürchten, der Staatschef könnte dadurch seine Macht bis zur Errichtung einer Diktatur weiter festigen.

Das Oppositionsbündnis MUD - ein Sammelbecken konservativer, liberaler und sozialdemokratischer Parteien - hofft, dass das Plebiszit ein klares Signal des "zivilen Ungehorsams" sendet. "Ich bin weiter Gefangener, ich kann nicht zum Wahllokal gehen. Ich rufe euch auf, die Schritte bis zu eurem Wahllokal zu gehen und für Venezuela zu stimmen", ließ der zurzeit bekannteste Oppositionelle Leopoldo López über den Twitter-Account seiner Frau ausrichten.

López wurde erst vor wenigen Tagen nach Jahren der Inhaftierung unter Hausarrest gestellt. Seiner Botschaft war ein Bild angehängt, das offenbar seinen eigenen Fuß mit elektronischer Fußfessel zeigte.

Auch aus dem Ausland kam Unterstützung. Fünf ehemalige lateinamerikanische Präsidenten reisten als Wahlbeobachter nach Caracas. Die Regierung Maduros wird in der Region für ihre autoritären Tendenzen zunehmend offen kritisiert.

Das Parlament sieht seine Initiative durch die Verfassung gedeckt. Als Mobilisierungserfolg galt die Marke von acht Millionen der rund 19 Millionen wahlberechtigten Venezolaner. Die Maduro-nahen Wahlbehörden unterstützen die Abstimmung nicht. Der Staatschef selbst ließ als offene Kampfansage eine Generalprobe der Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung abhalten.

Das erdölreichste Land der Welt versinkt seit Monaten im Chaos. Mehr als 90 Menschen sind seit Anfang April bei massiven Straßenprotesten gegen die Regierung gestorben. Diese hatten sich an der zeitweise Entmachtung des Parlaments entzündet. Venezuela leidet unter der höchsten Inflation weltweit und einer akuten Versorgungskrise, im ganzen Land fehlt es an Medikamenten und Lebensmitteln.

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