Auto rast in Fußgängergruppe Verletzte bei mutmaßlichem Terroranschlag in London

London · Ein Auto rast in die Absperrungen am Londoner Parlament und erfasst mehrere Menschen. Der Fahrer wird unter Terrorverdacht festgenommen. Die Spur führt nach Mittelengland. Doch vieles ist noch unklar.

Ermittler sichern am Tatort Spuren.

Foto: Victoria Jones/PA Wire

Möglicherweise in terroristischer Absicht ist ein Mann am Dienstag mit einem Auto in Fußgänger und Radfahrer vor dem Parlament in London gerast. Ein Mann und eine Frau mussten ins Krankenhaus gebracht werden, wurden aber später wieder entlassen.

Ein weiterer Verletzter wurde nur vor Ort medizinisch versorgt. Der Fahrer wurde festgenommen. Es handelt sich um einen 29-jährigen Briten, wie die Polizei am Abend mitteilte. Der für Sicherheit zuständige Staatssekretär, Ben Wallace, fügte im BBC-Fernsehen hinzu, der Mann habe einen Migrationshintergrund.

"Im Moment behandeln wir das als terroristischen Vorfall und die Anti-Terror-Einheit leitet jetzt die Ermittlungen", teilte Scotland Yard mit. Der Ort, die Art des Vorfalls und die Tatsache, dass dieser anscheinend absichtlich herbeigeführt worden sei, habe dafür den Ausschlag gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Das Motiv blieb zunächst aber unklar.

Im Fokus der Ermittler standen am Abend zwei Wohnungen in Birmingham und eine in Nottingham, die Schauplatz von Durchsuchungen waren.

Auf einem Video im Internet ist zu sehen, wie der silberfarbene Ford Fiesta eine Verkehrsinsel und die Gegenfahrbahn überquert, bevor er in die Absperrung vor dem Parlament rast. Eine weitere Aufnahme zeigt, wie Polizisten den Fahrer aus dem schwer beschädigten Auto zerren.

In dem Wagen befanden sich laut Scotland Yard keine weiteren Personen. Auch Waffen wurden nicht sichergestellt. Der Fahrer kommt britischen Medienberichten zufolge aus dem Raum Birmingham. Das Fahrzeug soll in Nottingham zugelassen sein.

Der mutmaßliche Attentäter kooperiere nicht mit den Ermittlern, sagte ein Polizeisprecher. Seine Identität sei noch nicht formell geklärt, er sei den Sicherheitsbehörden nach vorläufigem Stand aber bisher nicht bekannt gewesen. Weitere Verdächtige gebe es nicht.

Auf Fernsehbildern waren am Boden liegende Radfahrer zu sehen. Fahrräder lagen verteilt über den Gehsteig.

Premierministerin Theresa May dankte den Einsatzkräften für ihre "schnelle und beherzte" Reaktion. "Meine Gedanken sind bei den Verletzten", teilte sie per Twitter mit. Auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan lobte den Einsatz.

US-Präsident Donald Trump forderte via Twitter einen harten Umgang mit Terroristen. "Schon wieder ein Terroranschlag in London. Diese Tiere sind verrückt und man muss ihnen mit Härte und Stärke entgegentreten." Was er damit genau meinte, ließ Trump offen.

Der Vorfall ereignete sich kurz nach 7.30 Uhr Ortszeit. Einer Augenzeugin zufolge fuhr das Auto sehr schnell in Richtung der Absperrungen. "Es sah so aus, als sei es absichtlich gewesen", sagte Ewalina Ochab der britischen Nachrichtenagentur PA.

Die Umgebung wurde weiträumig abgesperrt. Vor Ort waren Dutzende bewaffnete Einsatzkräfte. Die U-Bahn-Haltestelle Westminster wurde vorübergehend geschlossen. Am Nachmittag wurde damit begonnen, die umfangreichen Absperrungen von Straßen wieder aufzuheben.

Das Parlament ist seit einem Anschlag im März 2017 von einer Sicherheitsbarriere aus Stahl und Beton umgeben. Damals war ein Angreifer mit einem Auto auf der Westminster Bridge in eine Menschenmenge gefahren, vier Passanten starben. Der Mann erstach zudem einen Polizisten, ehe er von der Polizei erschossen wurde.

London war mehrmals Ziel terroristischer Attacken. Zuletzt wurden im September 2017 insgesamt 30 Menschen verletzt, als im Berufsverkehr in einer U-Bahn-Station eine selbstgebaute Bombe hochging. Der Haupttäter war ein Flüchtling aus dem Irak.

Im Juni 2017 starben in der britischen Hauptstadt acht Menschen, nachdem Terroristen mit einem Transporter erst drei Menschen auf der London Bridge umgefahren und anschließend fünf weitere am Borough Market erstochen hatten. Polizisten erschossen die drei Täter. Im selben Monat fuhr ein Mann aus Hass auf Muslime mit einem Lieferwagen in eine Menschenmenge nahe einer Moschee - und tötete einen Menschen.

Bei der in jüngster Zeit schwersten Terrorattacke in Großbritannien riss im Mai 2017 ein Selbstmordattentäter nach einem Popkonzert des Teenie-Stars Ariana Grande in Manchester 22 Menschen mit in den Tod.

Die britischen Sicherheitsbehörden ermitteln nach Angaben der Regierung derzeit in 676 Fällen wegen des Verdachts auf terroristische Aktivitäten. Noch im März dieses Jahres hatte es nur rund 500 Fälle gegeben. Seit dem Anschlag auf die Westminster Bridge wurden demnach bereits 13 islamistische und vier rechtsextreme Anschlagspläne vereitelt.