Europäische Union Viktor Orbans neue Rolle in Brüssel

Brüssel · Ungarns Premier Viktor Orban gibt sich versöhnlich. Seit der Wahl von Ursula von der Leyen halten sich Spekulationen über mögliche Absprachen und Zusagen zwischen der CDU und dem Ungarn.

 Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sopron.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sopron.

Foto: Balazs Szecsodi/MTI/Hungarian Prime Minister's Press Office

Viktor Orban ist immer für eine Überraschung gut – vor allem, wenn es um die EU geht. Noch im März stand seine Fidesz-Partei kurz vor dem Rauswurf aus der EVP, dem Dachverband der Christdemokraten. Aber zum von vielen erhofften Bruch kam es nicht. Orban wurde sogar zu einem wichtigen Wahlhelfer bei der Nominierung der künftigen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und feierte die Wahl anschließend mit den Worten „Wir haben eine deutsche Familienmutter, die Mutter von sieben Kindern, an die Spitze der Kommission gewählt.“ Nun sei eine Wende zu konservativen Werten zu erwarten.

Seither halten sich Spekulationen über mögliche Absprachen und Zusagen zwischen der CDU und dem Ungarn. In Budapester Regierungskreisen heißt es, man habe der Unionspartei „klare Bitten“ übermittelt, was in Berlin jedoch strikt zurückgewiesen wird. Zu diesen Erwartungen zählt angeblich eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei, die seit Jahren bei der Migration jeden Fortschritt und die europäische Gesetzgebung in weiteren Fragen blockieren.

Budapest bietet Brüssel mehr Geld an

Doch seitdem von der Leyen als Nachfolgerin Jean-Claude Junckers feststeht, weht ein anderer Wind. Orban hat sogar angekündigt, die umstrittene Justizreform so zu überarbeiten, dass das Rechtsstaatsverfahren der EU gegen Ungarn entschärft werden könnte. Die geplante Einführung neuer Verwaltungsgerichte wurde auf Eis gelegt, eine umstrittene „Reklamesteuer“ für Medienanstalten strich die Regierung ganz. Ist das mehr als Kosmetik oder eine Rückkehr zu demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen? Das ist noch nicht erkennbar. In Brüssel bleibt man skeptisch.

Völlig überraschend bot Orban vor den Verhandlungen über den mittelfristigen Finanzrahmen für die sieben Jahre ab 2021 sogar an, mehr Geld nach Brüssel zu überweisen, wenn das alle anderen auch tun würden. Statt 1,1 Prozent des Bruttonationalproduktes wären auch 1,3 Prozent möglich. Dass Deutschland ablehnte, konnte Orban als geschickten Schachzug verbuchen – inklusive Inszenierung als Förderer der Union.

Als Gegenleistung soll die EU Ungarn entgegenkommen. Zum einen verspricht sich das Land von der designierten Kommissionspräsidentin ein Ende des Rechtsstaatsverfahrens, wofür es eigentlich kaum belastbare Indizien gibt. Schließlich hatte von der Leyen in ihrer Bewerbungsrede vor dem EU-Parlament unmissverständlich einen noch schärferen und unabhängigen EU-Rechtsstaatsmechanismus gefordert.

Zum anderen fordert Orbán von der CDU-Politikerin, dass sie sich hinter die Benennung des früheren Justizministers Laszlo Trocsanyi zum EU-Kommissar mit gewichtigem Geschäftsfeld stellt. Der Fidesz-Vertreter gilt als umstritten, verteidigte er doch beispielsweise die Weigerung Ungarns, Flüchtlinge aufzunehmen, als „Wahrung europäischer Werte“.

„Ungarn vertritt Werte, die in Ostmitteleuropa wichtig sind, im Westen aber an Bedeutung verloren haben“, betonte er vor einem Jahr in einem Interview – und erteilte „offenen Gesellschaften“ und der europäischen Solidarität eine Absage. Seine Nominierung gilt daher als heikel. Aus dem Europa-Parlament hieß es bereits, man werde einen Orban-Vasallen wie Trocsanyi „nicht durchwinken“.

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