Thailands Militärs Vorwand für die Junta

BANGKOK · Der von Thailands Generälen eingesetzte Nationale Reformrat (NRC) lehnte am Sonntag einen Verfassungsentwurf ab, den ein von den Generälen eingesetztes Komitee acht Monate lang ausgearbeitet hatte.

Junta-Chef General Prayuth Chan-ocha verwirklichte dank dieser Farce erstmals seit seinem Putsch im vergangenen Jahr sein Ziel, dem Königreich Glückseligkeit zu gewähren. Seit gestern der Verfassungsentwurf mit 135 zu 107 Stimmen verworfen wurde, sind die Junta und ihre Anhänger glücklich, weil sie erneut einen Vorwand fanden, um länger im Amt zu bleiben.

Gegner des Regimes wie der frühere Erziehungsminister Chaturon Chaisaeng freuen sich: "Es ist besser, die nächsten Wahlen zu verschieben, als bedeutungslose Wahlen zu haben." Das Regime hat nun einen Monat, um ein neues Komitee für die Ausarbeitung eines neuen Verfassungsentwurfs einzusetzen. Das Papier muss dann sechs Monate später fertig sein. Eine Folge: Neue Wahlen, nach mehreren Verzögerungen für Ende 2016 angesetzt, dürften nun frühestens im Jahr 2017 stattfinden. Beobachter sind überzeugt, dass der Zeitraum dem Regime ins Konzept passt. Ein Motiv des Staatsstreichs im Mai 2014 war für die Militärs und die sie unterstützende Elite in Bangkok, während der anstehenden Thronfolge die Zügel in der Hand zu halten. Der 88-jährige König Bhumibol ist seit längerem schwer erkrankt.

Für diese Sicht spricht die Tatsache, dass nahezu alle Militärs im Reformrat gegen den Verfassungsentwurf stimmten. Sie hören ausnahmslos auf das Kommando von General Prawit Wongsuwan. Der frühere Armeechef und jetzige Verteidigungsminister gilt als Stratege der Junta und hatte zuletzt verhindert, dass der Bruder von Junta-Chef Prayuth Chan-ocha zum kommenden Chef der Sicherheitskräfte ernannt wurde.

"Möglicherweise hatten die Militärs auch Angst, bei einem Referendum zu verlieren", sagt die Politik-Professorin Puanghtong Pawakapan von der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Der unpopuläre Entwurf sah neben dem Parlament einen Senat vor, der zur Hälfte von nicht näher definierten Institutionen ernannt werden sollte. Premierminister mussten kein Parlamentsmitglied sein. Ein 21-köpfiges Aufsichtsgremium, das mit wenigen Ausnahmen aus Vertretern der Streitkräfte und der Polizei zusammengesetzt sein sollte, hätte zudem nach Gutdünken jede Regierung absetzen können. "Die werden auch beim nächsten Mal versuchen, Wahlen bedeutungslos zu machen", sagt die Professorin.

Der Ruf des Regimes von General Prayuth Chan-ocha litt bereits vor der blamablen Farce um die Verfassung. Die Junta behauptet zwar, mittlerweile rund zehn Beteiligte des blutigen Attentats am Erawan-Schrein in Bangkok vom 17. August identifiziert zu haben. Der Attentäter selbst bleibt aber weiter auf freiem Fuß, und die Generäle weigern sich standhaft, das Wort Terror in den Mund zu nehmen. Die Bombe schadete dem einzigen noch einigermaßen gut aussehenden Wirtschaftszweig Thailands, dem Tourismus. Exporte gehen seit 2014 zurück. Der Konsum stagniert.

Die Verschuldung privater Haushalte hat nahezu 90 Prozent erreicht. "Wirtschaftlich leiden vor allem die Thailänder, die ursprünglich den Coup unterstützten", sagt die Professorin Pawakapan, "aber vielleicht lernt Thailand angesichts dieses inkompetenten Regimes endlich und endgültig, dass die Generäle nie eine Rettung darstellen."

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