Fast 2600 Kandidaten Wahlkampf für Parlamentswahlen in Afghanistan hat begonnen

Kabul · Die Taliban haben in diesem Jahr ihren Herrschafts- und Aktionsbereich wieder ausgedehnt. Dennoch sollen die Afghanen endlich die überfällige Parlamentswahl nachholen. Doch unter welchen Bedingungen?

 Wahlplakate von Parlamentskandidaten hängen zum offiziellen Start des Wahlkampfes an einer Straße in Kabul.

Wahlplakate von Parlamentskandidaten hängen zum offiziellen Start des Wahlkampfes an einer Straße in Kabul.

Foto: Rahmat Gul/AP

Im Bürgerkriegsland Afghanistan hat der Wahlkampf für die seit mehr als drei Jahren überfällige Parlamentswahl begonnen. Fast 2600 Kandidaten, darunter 418 Frauen, kämpfen um die 249 Sitze in der Wolesi Dschirga (Haus des Volkes).

68 Sitze sind für Frauen reserviert. Wegen der schlechten Sicherheitslage wird fast ein Drittel der rund 7000 Wahllokale am Wahltag geschlossen bleiben. Das hatte der Chef der UN-Mission in Afghanistan, Tadamichi Yamamoto vergangene Woche dem US-Sicherheitsrat mitgeteilt.

Die Wahl soll am 20. Oktober stattfinden. Der Wahlkampf endet drei Tage vorher. Die Unabhängige Wahlkommission (IEC) rief die Kandidaten dazu auf, sich an die Vorgaben zu halten, keine ethnischen Spaltungen zu schüren und keine Plakate an unerwünschten Orten anzubringen.

Beobachter befürchten, dass Angriffe von Islamisten den Wahlkampf stören oder verhindern könnten. Seit die Taliban 2001 mit Hilfe von US-Truppen von der Macht vertrieben worden waren, wurden Wahlen in dem Land mit geschätzten 30 Millionen Einwohnern wiederholt von Gewalt und Vorwürfen massiver Wahlfälschung überschattet. Eine weitere belastete Wahl könne eine neue Krise auslösen.

Vor allem der Beginn der Wählerregistrierung ab Mitte April war von Gewalt überschattet. Die Vereinten Nationen meldeten, dass durch Angriffe von Islamisten alleine im ersten Monat der Wählerregistrierung 86 Zivilisten getötet und 185 verletzt worden seien, die meisten Frauen und Kinder. Laut IEC wurden schon vor Beginn des Wahlkampfs mindestens fünf Kandidaten bei Attentaten getötet. Zu diesen Attentaten hatte sich niemand bekannt.

Laut IEC haben sich rund neun Millionen Wähler registriert, eine von vielen Seiten angezweifelte Anzahl. Über mehrere Wochen blockierten politische Parteien Wahlbüros in mehreren Provinzen und forderten unter anderem die Einführung eines biometrischen Systems der Wählererfassung, um Wahlmanipulationen zu vermeiden.

Die Wahlkommission kam dieser Forderung diese Woche teils nach. Sie erhielt am Donnerstag von einer deutschen Firma 4400 Geräte, um biometrische Daten zu erfassen. Weitere sollen folgen. Afghanische Wahlbeobachter behaupten allerdings, das System könne für Wahlmanipulationen genutzt werden. Es ist zudem unklar, ob alle Wahllokale die Geräte rechtzeitig erhalten können.

Die Wahlen sollen in allen Provinzen außer Gasni stattfinden. Der IEC hatte vorgeschlagen, wegen der "ernsten Sicherheitslage sowie anderer Probleme" die Wahl in Gasni zu verschieben. Dem waren wochenlange Proteste und die Schließung des Wahlbüros in Gasni vorangegangen. Vor allem Paschtunen hatten eine Aufteilung der Provinz in kleinere Wahlkreise gefordert, um eine ausgewogene ethnische Balance der Parlamentssitze zu erreichen. Bei der Wahl 2010 waren alle elf Sitze an Hasara gegangen.

Gleichzeitig mit der Parlamentswahl hätten am 20. Oktober auch die ersten Bezirksratswahlen stattfinden sollen. Diese sind in der Verfassung vorgesehen, wurden allerdings noch nie durchgeführt. Sie fallen auch diesmal aus. Die Wähler erfuhren davon eher zufällig durch die Bemerkung der IEC-Vizechefin Wasima Badghisi, die Bezirksratswahlen seien seit "langer Zeit" nicht mehr auf der Agenda des IEC. Zuvor hatte das IEC bekanntgegeben, dass sich viel zu wenige Kandidaten für die Bezirkswahlen beworben hätten.

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