Fragen und Antworten Wie geht es konkret weiter in Sachen Brexit?

Brüssel · Am Ende der Brexit-Woche mit immer neuen Entscheidungen des britischen Unterhauses herrscht Verwirrung. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten – bevor es in der kommenden Woche weitergeht.

Das Lachen ist ihnen nicht vergangen: Parlamentarier um Theresa May am Donnerstag im Unterhaus.

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Tritt Großbritannien am 29. März aus der EU aus?

Eher nein. Das kommt darauf an, ob die EU-Staats- und Regierungschefs Ende nächster Woche in Brüssel die Bitte um mehr Zeit annehmen.

Was wurde denn vom Unterhaus in London beschlossen?

Der Austrittsvertrag, den Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelt hat, wurde zwei Mal abgeschmettert. Gleichzeitig sprachen sich die Parlamentarier gegen einen Brexit ohne Vertrag aus. Da man deshalb eine Vereinbarung braucht, soll May nun um mehr Zeit bitten.

Der Vertrag ist also Makulatur?

Nein, ganz im Gegenteil. Die Regierungschefin will ihn am kommenden Mittwoch zum dritten Mal zur Abstimmung stellen.

Und wenn er angenommen wird?

Dann wird May tags darauf den EU-Gipfel um mehr Zeit bitten, um den Brexit technisch vorzubereiten. Die Briten könnten dann so aus der Gemeinschaft austreten, dass sie sich nicht mehr an den Europawahlen beteiligen müssten – also spätestens am 30. Juni.

Und wenn der Vertrag auch zum dritten Mal durchfällt?

Es ist nicht ausgeschlossen, dass May noch ein viertes Mal abstimmen lässt. Davon abgesehen wird die Premierministerin in diesem Fall wohl in Brüssel um deutlich mehr Zeit bitten müssen. Dann wäre Großbritannien am 2. Juli, wenn das neu gewählte Europäische Parlament zusammenkommt, weiter ein volles Mitglied der EU. Das Land müsste seine 73 Mandate besetzen und könnte bei allen Abstimmungen dabei sein.

Wie ist die Stimmungslage bei den Staats- und Regierungschefs? Werden sie mehr Zeit geben?

Die Einigkeit ist groß. Zum einen gibt es niemanden, der bereit wäre, den Austrittsvertrag noch einmal zu öffnen und neu zu verhandeln. Zum anderen wird man eine Zustimmung von Auflagen abhängig machen: Großbritannien soll sagen, wieso mehr Zeit jetzt endlich mehr Fortschritte bringen würde. Wenn das Dokument im Unterhaus angenommen wurde, dürfte es keine Probleme mit einer Verlängerung geben. Bei einer erneuten Ablehnung könnte es schwierig werden.

Warum?

Weil der EU-Gipfel dann Klarheit darüber fordert, was London eigentlich konkret will, wie das erreicht werden soll und welche Garantien man dafür hat, dass es nicht wieder auf ein endloses Hickhack ohne Ergebnis hinausläuft. Zumindest theoretisch gibt es die Möglichkeit, dass die EU27 im Falle unbefriedigender Antworten eine Verlängerung ablehnt und dann doch ein Brexit ohne Deal passiert.

Wäre es wirklich schlimm, wenn Großbritannien noch ein oder zwei Jahre in der EU bliebe?

In dieser Zeit stehen gravierende Entscheidungen an. Da werden Fraktionen, möglicherweise sogar mit ganz anderen Gewichtsverhältnissen gebildet. Die entscheiden, wer der nächste Kommissionspräsident wird. Dann muss die mittelfristige Finanzplanung für die sieben Jahre ab 2021 beschlossen werden. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass britische Politiker und auch ein britischer EU-Kommissar das alles mitentscheiden und sich anschließend aus dieser Union verabschieden. So etwas kann man ja kaum einem Bürger wirklich plausibel machen.

Könnte der Brexit auch ganz ausfallen?

Das gilt als wenig wahrscheinlich, aber nicht undenkbar. Eher vorstellbar ist eine andere Variante – eine Art „Brexit light“. Es könnte nämlich sein, dass es am Ende im Unterhaus eine Mehrheit für die Mitgliedschaft der Insel in einer Zollunion mit der EU gäbe. Dann bliebe das Land an die Gemeinschaft angedockt, müsste aber auch alle Regeln übernehmen, hätte aber Zugang zum Binnenmarkt.