Griechenland-Krise Wie geht es weiter mit Griechenland?

Brüssel/Athen · Wenn Griechenland über das Sparpaket abstimmt, ist das für die gesamte Eurozone von enormer Bedeutung. Entscheiden sich die Griechen für ein "Nein", droht damit der erste Austritt eines Mitgliedslands. Und nicht nur das, das Nein entscheidet ebenfalls über die Zukunft der Eurozone mit ihren über 330 Millionen Menschen. Wie geht es jetzt weiter?

Bereits im letzten Angebot der Gläubiger war die Rede von einem "dritten Hilfsprogramm" für Griechenland. Während der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras es bereits beantragt hat, möchte Bundeskanzlerin Angela Merkel erst nach dem Referendum am Sonntag darüber sprechen. Alle reden über dieses Hilfespaket, doch bekannt ist bisher kaum etwas darüber. Unklar sind im Moment nicht nur die Bedingungen, unter denen es so ein Paket für Griechenland geben könnte. Auch die Frage nach dem Umfang und der Finanzierung schweben noch im Raum.

Welche Rolle spielt das griechische Referendum?

Weitere Verhandlungen der Geldgeber wird es erst nach dem Referendum am Sonntag geben. Bis dahin herrscht also Stillstand in Sachen Hilfsprogramm.

Was passiert, wenn die Griechen mit einem "Nein" stimmen?

Sagen die Griechen am Sonntag "Nein" zur Sparpolitik, droht der "Grexit". In Brüssel sorgt diese Aussicht für tiefe Sorgenfalten, denn es existiert weder ein Musterfall, noch gibt es eine rechtliche Grundlage. Außerdem wird keines der 18-Euro-Partnerländer dann noch weitere Milliardenhilfen an Athen vertreten können. Auch die Europäische Zentralbank dürfte den Rahmen für weitere Notkredite zugunsten griechischer Banken vermutlich nicht mehr ausweiten.

Für die Griechen sind die Zukunftsaussichten laut Gruntram Wolff von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel ebenfalls unberechenbar. Zudem wäre ein Ausstieg aus dem Euro für Griechenland besonders zu Anfang mit hohen Kosten verbunden.

Und dann?

In Brüssel würde dann in Krisensitzungen beraten werden, wie Griechenland weiterhin unterstützt werden kann. In Berlin wird bereits von humanitärer Hilfe gesprochen. Aus welchen EU-Töpfen diese Hilfe kommen könnte, ist aber noch unklar. Außerdem sieht Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem bei einem "Nein" aus Griechenland die Basis für das das südosteuropäische Land in der Eurozone in Frage gestellt.

Was passiert, wenn die Griechen "Ja" zur Sparpolitik sagen?

Für die Regierung von Alexis Tsipras würde das einen Bruch des Wahlversprechens bedeuten. Die müsste eine Lösung umsetzen, die sie bisher abgelehnt hatte. Für Tsipras würde das wahrscheinlich eine Neubildung der Regierung nach sich ziehen - oder einen Rücktritt und Neuwahlen. Das würde allerdings auch bedeuten, dass die Eurozone einen neuen Ansprechpartner in Athen bekäme - und Neuverhandlungen möglich wären.

Auch wenn der "Grexit" nach einem "Ja" vorerst abgewendet wäre, stünden Brüssel und Athen am Montag vor schwierigen Verhandlungen. Denn dann müsste über ein neues Hilfsprogramm verhandelt werden. In Brüssel schätzt man, dass dies bis zu vier Wochen oder länger gehen könnte.

Was plant Alexis Tsipras?

Bereits am Dienstag hat Tsipras "Hilfe zur finanziellen Stabilisierung" aus dem Rettungsfonds EMS beantragt - immerhin mit 29,1 Milliarden Euro. Gleichzeitig möchte Athen eine "Umstrukturierung" der Schulden.

Woher könnte das Geld für ein drittes Hilfsprogramm kommen?

Bisher kamen die Hilfen aus dem vor fünf Jahren ins Leben gerufenen Euro-Rettungsschirm EFSF. Da von dort keine neuen Hilfen mehr aufgelegt werden dürfen, bleibt nun der ständige Euro-Rettungsfonds ESM mit 500 Milliarden Euro.

Wer entscheidet über die ESM-Hilfen?

Verantwortlich dafür sind die Finanzminister der Euro-Staaten. Im Gouverneursrat des ESM müssen sie einstimmig über neue Hilfsprogramme entscheiden. Legt Berlin ein Votum ein, ist - selbst bei Eilbeschlüssen, bei denen eine qualifizierte Mehrheit ausreicht - keine Entscheidung möglich. Das liegt daran, dass Deutschland wegen seines Kapitalanteils beim ESM über eine sogenannte Sperrminorität verfügt. Das heißt, Deutschland wäre wäre zwar in der Minderheit, aber das Votum würde ausreichen, um den Beschluss zu verhindern.

Könnte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble alleine entscheiden?

Ganz klar: Nein. Dazu muss das Parlament eingeschaltet werden, denn es handelt sich um eine "haushaltspolitische Gesamtverordnung", die den Deutschen Bundestag betrifft. Das Parlament müsste Schäuble außerdem zuerst ein Mandat für solche Verhandlungen erteilen. Und selbst dann müsste es dann dem ausgehandelten Programm auch zustimmen.

Wie funktioniert das Verfahren im ESM?

Griechenland müsste erst einmal einen offiziellen Antrag stellen. Dann folgt ein langwieriges und kompliziertes Verfahren in dem Eu-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) die Voraussetzungen prüfen. Die beinhalten auch die Schuldentragfähigkeit. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob die ohne einen Schuldenschnitt noch gegeben ist.

Ein weiteres Problem dabei ist, dass eine "Gefährdung der Stabilität der Eurozone" vorliegt. Ob dem so ist, dürfte auch in Berlin noch für viel Diskussionsstoff sorgen.

Was sagt der IWF?

Griechenland ist beim IWF bereits in Zahlungsverzug geraten. Das erschwert eine erneute Beteiligung an weiteren Hilfspaketen. Und Berlin möchte ohne den IWF kein neues Programm auflegen.

Außerdem weisen Experten darauf hin, dass Griechenland in den nächsten drei Jahren mindestens weitere 36 Milliarden Euro an Finanzhilfen benötigt. Dahingehend plädieren sie für längere Rückzahlungsfristen oder einen Schuldenschitt.

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