Unruhen Wie Nachbarstaaten auf die Proteste im Iran reagieren

Istanbul · Gegner wie Anhänger des islamischen Regimes gehen im Iran auf die Straßen und protestieren. Ein Blick auf die Reaktionen der Nachbarstaaten im Nahen Osten.

Mit gemischten Gefühlen verfolgen die Regierungen muslimischer Staaten im Nahen Osten die Unruhen im Iran. Zwar freuen sich einige Iran-Gegner darüber, dass die Führung in Teheran unter Druck gerät. Doch die regierungsamtlichen Reaktionen sind zurückhaltend, und von einer aktiven Unterstützung für die Demonstranten kann keine Rede sein. Einige Regierungen sorgen sich zudem, dass die Proteste vom Westen gesteuert sein könnten.

Der wachsende Einfluss des schiitischen Iran im Irak, in Syrien und im Jemen ist aus Sicht von Saudi-Arabien und anderen sunnitischen Staaten das größte Problem der Region überhaupt. Im Jemen liefern sich Saudis und Iraner einen Stellvertreterkrieg. Dennoch bricht bei den muslimischen Iran-Gegnern im Nahen Osten angesichts der Protestwelle und der damit verbundenen politischen Schwächung Teherans kein lautstarker Jubel aus. Einige Akteure stellen sich sogar auf die Seite der Teheraner Führung.

Besonders auffällig ist das beim Nato-Staat Türkei. Anders als die Golf-Araber und die Ägypter sucht die Türkei die Nähe zum Iran, der zu den wichtigsten Energielieferanten Ankaras zählt. Präsident Recep Tayyip Erdogan telefonierte am Mittwoch mit seinem bedrängten iranischen Kollegen Hasan Ruhani und sagte, er hoffe auf „Frieden und Stabilität“ im Iran. Das Recht auf Demonstrationsfreiheit dürfe nicht für Straftaten ausgenutzt werden, betonte Erdogan – der damit ganz auf Ruhanis Linie lag.

Auch Katar kooperiert mit dem Iran

Schon nach dem Putschversuch von 2016 hatten türkische Regierungspolitiker den USA eine Mitverantwortung zugewiesen. Derselbe Verdacht taucht jetzt wieder auf. Nur zwei internationale Spitzenpolitiker unterstützten die Proteste im Iran, sagte Erdogans Außenminister Mevlüt Cavusoglu: Das seien US-Präsident Donald Trump und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Wie die Türkei kooperiert auch das kleine Katar mit dem Iran und reagiert entsprechend vorsichtig auf die Krise. Dem katarischen Nachrichtensender Al-Jazeera wird auf Twitter eine Parteinahme für die iranische Führung vorgeworfen.

Doch selbst in den Regierungsstellen der Gegenspieler Irans herrscht Zurückhaltung. Zwar wird in Kommentaren etwa der saudischen Presse viel Schadenfreude über die schiitischen Iraner laut. Die Proteste seien die Folge der teuren „expansionistischen Ziele“ Teherans im Ausland, kommentierte die Zeitung „Okaz“.

Was derzeit in den Medien beklatscht wird, jagte den Monarchien am Golf während des Arabischen Frühlings vor sieben Jahren jedoch einen Schrecken ein. Die Folgen der damaligen Protestbewegungen wurden in Ägypten mit einem Putsch und in Bahrain mit einer saudischen Militärintervention bekämpft. Jetzt fällt es den Regierenden schwer, die iranischen Demonstranten öffentlich anzufeuern. Deshalb schweigen etliche Regierungen lieber: Bis zum Mittwoch lag keine offizielle Stellungnahme der sonst Iran-kritischen Führung Saudi-Arabiens vor.

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