Kommentar zum Nato-Gipfel Wie vor einem Sturm
Meinung · Donald Trump ist unberechenbar. Was die Nato in diesen unsicheren Zeiten aber nicht auch noch braucht: einen Gegner im Inneren.
Nichts ist mehr sicher. Nicht einmal die Nato, größtes Verteidigungsbündnis der Erde – jedenfalls nicht vor den Ein- und Ausfällen des Präsidenten ihrer Führungsmacht USA. Vor diesem Nato-Gipfel in Brüssel, der das Bündnis in eine tiefe Krise stürzen könnte, fühlt es sich an wie vor einem Sturm. Vielleicht zieht er vorbei, vielleicht aber zieht mit Donald Trump auch ein Tornado über das neue Hauptquartier. Vorbeugend verschickt Generalsekretär Jens Stoltenberg Appelle an Einheit und Geschlossenheit und ermahnt Bündnispartner wie Deutschland, diese mögen endlich ihre Verteidigungsausgaben wie zugesagt aufstocken.
Unter den Nato-Europäern jedenfalls hat Trump seit einiger Zeit ein Lieblingsziel: Deutschland. Die größte Volkswirtschaft des alten Kontinents liefert immer noch nicht jene zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung, die es 2014 beim Gipfel in Wales mitbeschlossen hat. Das erzürnt den US-Präsidenten, zumal für ihn multilaterale Bündnisse nichts anderes als kompliziert verzweigte Quasselbuden sind.
Im Bündnis geht jedenfalls die Furcht um, der US-Präsident könnte sich in den Tagen des Brüsseler Gipfels mit den Alliierten überwerfen und kommenden Montag beim Zweier-Gipfel in Helsinki mit Russlands Präsident Wladimir Putin eine ganz eigene Allianz aufbauen. Bei Trump alles möglich – siehe G7-Eklat in Kanada mit vorzeitiger Abreise nach Singapur zum Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Was die Nato in diesen unsicheren Zeiten nicht auch noch braucht: einen Gegner im Inneren.