Griechenland-Krise Wieder ein Gipfel ohne Ergebnis

BRÜSSEL · Bis nach Mitternacht hat man miteinander geredet. Aber als auch das achte Krisentreffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident François Hollande und dem griechischen Premier Alexis Tsipras am frühen Donnerstagmorgen zu Ende war, gab es wieder einmal nur zu hören, es sei ein "konstruktives Gespräch" gewesen.

Lediglich der Athener Regierungschef hatte noch zwei Sätze für die wartenden Journalisten übrig: Die EU verstehe, dass "eine tragfähige Lösung" für Griechenland nötig sei, damit das Land zum Wachstum zurückkehre. "Wir haben vereinbart, die Anstrengungen zu verstärken, um die bestehenden Differenzen zu überwinden." Erst am Donnerstagvormittag ergänzte die Kanzlerin zuversichtlich: "Ich hoffe, dass das jetzt die notwendigen Fortschritte bringt." Bei dem Gespräch habe es "absolute Einigkeit gegeben, dass Griechenland jetzt mit Nachdruck und Hochdruck mit den drei Institutionen zusammenarbeiten wird". Denn dort fallen die Entscheidungen - also im Kreis der Vertreter von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF).

Überraschenderweise feierten die Athener Zeitungen am Morgen danach dieses Nicht-Ergebnis dennoch als "Fenster für eine Einigung", das nun wieder offen sei ("Ta Nea"). "Die Geburtswehen eines neuen Sparprogramms" hätten begonnen, meinte die konservative "Eleftheros Typos".

In der kommenden Woche droht der nächste Stichtag, wenn sich die Finanzminister der Euro-Gruppe treffen. In diesem Kreis könnten dann die Daumen gehoben werden, sollte Athen sich bis dahin bewegt haben. Dass die hellenischen Unterhändler aber auf Geheiß ihres Ministerpräsidenten plötzlich einer Rentenkürzung, dem Wegfall von Sonderrenten, einer zweistufigen Mehrwertsteuer sowie Erleichterungen beim Kündigungsschutz zustimmen, erscheint wenig wahrscheinlich. Auch der Primärüberschuss, also das Haushaltsplus ohne Schuldendienst, ist noch ungeklärt. Vor allem der IWF besteht für 2015 auf einem Prozent. Athen würde diese Erwartung gerne auf 0,75 Prozent drücken.

Dass die Finanzmärkte inzwischen wenig Hoffnung auf ein glückliches Ende haben, machten die Prüfer der US-Ratingagentur Standard & Poor's am späten Mittwochabend klar. Nach Moody's und Fitsch stuften auch sie die Bonität Griechenlands auf Ramschniveau ("CCC") herunter. Das Signal sagt den Investoren: Das Land steht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Als Begründung verwiesen die Prüfer auf die Verschiebung der Ratenzahlung an den IWF - Athen hätte am vergangenen Freitag 300 Millionen Euro nach Washington überweisen müssen. Der IWF gestattete erstmals, die Rate mit einer zweiten Zahlung Ende des Monats zusammenfassen. Das, so Standard & Poor's, sei ein Hinweis darauf, dass "die griechische Regierung Renten und nationalen Ausgaben Priorität gegenüber seinen planmäßigen Schuldenrückzahlungsverpflichtungen" gebe.

Tatsächlich wächst in Brüssel längst die Befürchtung, dass die linke Regierung unter der Akropolis ein gewagtes Spiel spielt. Offenbar, so wird gemunkelt, wolle man eine Situation herbeiführen, in der die Euro-Gruppe irgendwann vor der Wahl stehe, die letzten 7,2 Milliarden Euro nahezu ohne Bedingungen auszuzahlen - oder Athen pleitegehen zu lassen. Diese Rechnung könnte danebengehen. Dass die große Koalition in Berlin bereits klar gemacht hat, einem dritten Hilfspaket nicht mehr zuzustimmen, sorgte in Brüssel für viel Aufsehen. "Der Poker geht zu Ende", sagte in der Nacht zum Donnerstag ein hoher deutscher EU-Diplomat. "Entweder jetzt passiert etwas - oder die Sache geht den Bach runter."

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