INF-Vertrag Zähe Abrüstungsverhandlungen in Moskau

Moskau · Außenminister Heiko Maas versucht, in Moskau den umstrittenen INF-Vertrag zu retten. Offenbar ohne großen Erfolg: Russlands Außenminister Sergej Lawrow blockt ab.

 Gute Stimmung trotz schwerwiegender Themen: Heiko Maas (r.) zu Gast bei Sergej Lawrow.

Gute Stimmung trotz schwerwiegender Themen: Heiko Maas (r.) zu Gast bei Sergej Lawrow.

Foto: dpa

Es gehe ja nicht nur um die Rettung des INF-Vertrages über das Verbot landgestützter Atomraketen, erklärt Heiko Maas. Es sei auch sehr wichtig, über neuartige Waffensysteme zu reden, etwa Killerroboter oder Cybertechnologien, die bisher noch keiner internationalen Kontrolle unterworfen wären.

Aber im Mittelpunkt der Gespräche, die der deutsche Außenminister am Freitag in Moskau mit seinem russischen Kollegen Sergei Lawrow führte, standen doch keine Kampfroboter, sondern das enorm bedrohte INF-Abkommen. „Es war 30 Jahre lang ein Eckstein der Sicherheit in Europa“ erklärte Maas, als beide Chefdiplomaten nach zweistündigen Gesprächen vor die Presse traten. Seine Auflösung berühre deutsche Sicherheitsinteressen fundamental. „Wir sind der Meinung, dass Russland den Vertrag retten kann.“

Ob das gelingt, scheint auch nach diesem Treffen sehr fraglich. Maas und Lawrow redeten außerdem über Syrien, noch mehr über die Ukraine und die festgefahrenen Friedensbemühungen im Donbas-Konflikt.

Beide Politiker sprachen von konstruktiven Gesprächen. Allerdings verlangte Maas die Freilassung der ukrainischen Seeleute, die russische Küstenwachschiffe bei einem Seegefecht nahe der Kertscher Meerenge im November gefangen genommen hatte. Lawrow reagierte darauf nicht, versicherte aber, Russland sei damit einverstanden, dass deutsche und französische Beobachter die zuletzt umstrittene freie Seefahrt in der Straße von Kertsch überprüften.

Verhandlungen werden fortgesetzt

Maas lud zu einer internationalen Abrüstungskonferenz im März nach Berlin ein. Rüstungsfragen und militärische Sicherheit sind wieder Hauptthema in den Gesprächen zwischen Russland und dem Westen geworden. Schon im Vorfeld des Besuchs verlautete es aus diplomatischen Kreisen in Moskau, die deutsche Seite wolle mit dem Besuch doch noch das Zeitfenster nutzen, dass die USA Russland im Streit um den INF-Vertrag bis zum 2. Februar gewährt haben.

Der amerikanische Präsident Donald Trump hatte im Oktober angekündigt, man werde aus dem Vertrag aussteigen. Schon seit 2014 werfen amerikanische Offizielle den Russen vor, sie hätte neue, landgestützte Atomraketen mit einer verbotenen Reichweite von 500 bis 5500 Kilometer entwickelt. Die russische Seite streitet das ab.

Auch Maas und Lawrow konnten sich nicht über die Tatsachen einigen. Deutschland sei wie andere Nato-Länder der Ansicht, dass es die Rakete gäbe, und dass sie liquidiert werden müsse, sagte Maas. Lawrow hielt dagegen an der russischen Version fest, das umstrittene Waffensystem vom Typ 9M729 sei nur auf Entfernungen unter 500 Kilometern erprobt worden.

Dabei waren sich beide Außenminister einig, dass das Ende des INF-Vertrags die gesamte Architektur der strategischen Sicherheit in der Welt bedrohen würde. Aber offenbar interpretieren die Außenpolitiker in Deutschland und in Russland die Bedeutung und die Überlebenschancen des Abkommens inzwischen unterschiedlich. Maas bemühte sich um Optimismus: „Ich begrüße es, dass Russland und die USA bereit sind, die Verhandlungen in den nächsten Tagen fortzusetzen.“

USA stellen grobe Ultimaten

Lawrow aber verwies auf die erst Anfang der Woche in Genf krachend gescheiterte amerikanisch-russische Verhandlungsrunde zum INF-Vertrag. Dort hätten die Amerikaner der russischen Delegation in grober Form ein Ultimatum gestellt: „Nur wir könnten das Problem lösen, indem wir alle Raketen, die Abschussrampen und das dazugehörige Gehör vernichteten. Und außerdem alle drei Monate die Anreise amerikanischer Kontrolleure ermöglichten.“ Solche Forderungen dienen laut Lawrow den USA als Anlass, den Vertrag platzen zu lassen.

Auf die Frage eines deutschen Reporters, mit welchen praktischen Schritten Russland auf den Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag und mögliche amerikanischen Rüstungsmaßnahmen reagieren werde, sagte der russische Außenminister, man besitze inzwischen see- und luftgestützte Mittelstreckenraketen. „Wir haben keinen Bedarf, eine geheime, bodengestützte Variante zu bauen, das wäre für uns nicht gar nicht rational.“ Alles Übrige hänge davon ab, wie sich die anderen Länder verhielten, die solche Waffen besäßen, vor allem die USA. Russland scheint schon für die Zukunft ohne INF-Vertrag zu planen.

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