Kommentar zum Brexit Zeit, sich zu trennen

Meinung | London · Premierministerin Theresa May scheitert ein ums andere Mal, mehrheitsfähige Kompromisse für den Brexit zu finden. Aus EU-Sicht heißt es mittlerweile: Es ist Zeit für die Trennung. Ein Kommentar von GA-Redakteur Kai Pfundt.

 Premierministerin Theresa May.

Premierministerin Theresa May.

Foto: dpa

Wenn alles, was schiefgehen könnte, tatsächlich schiefgeht, spricht man von Murphys Gesetz. Dieses Gesetz muss mit Blick auf die Brexit-Verhandlungen ergänzt werden um Mays Regel. Die lautet folgendermaßen: Nichts, was gelingen könnte, gelingt. Ganz ernsthaft: Anders als mit Galgenhumor ist das unsagbare Durcheinander um die Scheidung der Briten von der EU nicht mehr zu ertragen. Ihrer Majestät Regierung, geführt von Premierministerin Theresa May, scheitert ein ums andere Mal und mit Ansage bei der Aufgabe, mehrheitsfähige Kompromisse für den Brexit zu finden. In jedem anderen demokratisch verfassten Land hätte May längst zurücktreten müssen – für Neuwahlen oder einen anderen Regierungschef mit mehr Glück und Können.

Nun liegt der Brexit-Ball wieder bei der EU – zurückgespielt von dem chaotischen Haufen von Leuten, die auf den Inseln zurzeit Regierungs- und Parlamentsbänke besetzen. Die EU-27 sollen entscheiden, ob den Briten über das Datum des 29. März hinaus ein Scheidungsaufschub gewährt wird. Aber warum sollten sie dies eigentlich tun? Wegen der reinen Spekulation auf Neuwahlen oder ein neues Referendum? Für eine Fristverlängerung muss die britische Seite der EU stichhaltigere Argumente liefern. Und was kann bei Neuwahlen oder einer zweiten Volksabstimmung das Ergebnis sein? Selbst für den Fall eines knappen Votums für einen britischen Verbleib in der EU würde das Königreich in der Europafrage tief gespalten bleiben.

Die unversöhnlichen Brexiteers würden, angefeuert von einer irrational europafeindlichen Presse, weiter mit allen Mitteln gegen die EU kämpfen. Es ist an diesem Punkt nicht erkennbar, dass eine fortdauernde britische Mitgliedschaft im europäischen Club vorteilhaft wäre. Im Gegenteil. Zu schwerwiegend ist die Selbstbezogenheit der britischen Politik, ihre Taub- und Blindheit für die Argumente und Motive der kontinentalen Partner, ihre Unfähigkeit zum Kompromiss. Großbritannien, schon bisher ein schwieriger Partner, wäre ein beständiger Unruheherd, eine latente Gefahr für die Stabilität der Union. Auch aus EU-Sicht heißt es mittlerweile: Es ist Zeit für die Trennung.

Selbstverständlich sollten die EU 27 alles ihnen Mögliche tun, um den ungeregelten Brexit abzuwenden. Noch wichtiger ist es jetzt jedoch, sich darauf vorzubereiten, dass der vertragslose Brexit kommt. Eine Situation, die beiden Seiten schadet, aber die der EU aufgezwungen wird von einem Verhandlungspartner, der in der wichtigsten politischen Entscheidung seiner jüngsten Geschichte weder vor noch zurück weiß.

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