Mögliche Kampfeinsätze Bereitet sich Bundeswehr auf Ernstfall in Syrien vor?

Berlin · Die Bundesregierung versucht den Eindruck zu verbreiten, als seien Szenarien für einen möglichen Syrien-Einsatz militärische Routine. Aber wie wahrscheinlich sind Kampfeinsätze?

 Schließt eine Zustimmung der SPD zu einem Syrien-Einsatz der Bundeswehr aus: Parteichefin Andrea Nahles. FOTO: DPA

Schließt eine Zustimmung der SPD zu einem Syrien-Einsatz der Bundeswehr aus: Parteichefin Andrea Nahles. FOTO: DPA

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Alles Spekulation? Sollten die Strategen im Bundesministerium der Verteidigung in diesen Tagen tatsächlich einen Einsatz der Bundeswehr im Syrien-Krieg vorbereiten, ist die Bundesregierung gerade dabei, dies herunterzudimmen. „Alle Streitkräfte der Welt planen in Szenarien“, versuchte ein Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag Pläne für einen solchen eventuellen Einsatz deutscher Soldaten zur militärischen Routine zu erklären. Keiner wünsche sich einen solchen Einsatz, und niemand könne sagen, „ob er jemals Realität wird“, doch Militärs bauten eben vor.

Bereitet die Bundesregierung tatsächlich einen Einsatz der Bundeswehr im Syrien-Krieg vor, wie die „Bild“-Zeitung erfahren haben will? Demnach soll die Nato-Führungsmacht USA bei den Deutschen nach einem Beitrag in einer Allianz von USA, Großbritannien und Frankreich für den Fall angefragt haben, dass der syrische Machthaber Baschar al-Assad im Kampf um die Rebellenhochburg Idlib Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einsetzen sollte.

Dabei angeblich im Gespräch: Aufklärungsflüge, aber auch mögliche Kampfeinsätze deutscher Tornados wie seinerzeit im Balkan-Krieg. Nach Informationen des Blattes sollen US-Militärs bei einer Expertenrunde im Verteidigungsministerium die Lage bereits sondiert haben. Die Bundesregierung könnte sich nach dem Streit in der Nato um höhere Verteidigungsausgaben womöglich zusätzlich unter Druck fühlen.

Bundestag muss grünes Licht geben

Tatsächlich müsste am Ende aber der Bundestag grünes Licht für einen Einsatz der Bundeswehr geben. Heikel: Wegen der womöglich kurzen Entscheidungszeit für eine solche Operation nach einem Giftgas-Einsatz syrischer Regierungstruppen könnte es dazu kommen, dass der Bundestag erst nachträglich befasst würde.

SPD-Chefin Andrea Nahles machte in Berlin deutlich, dass ihre Partei als Koalitionspartner weder in der Regierung noch im Bundestag einem solchen Einsatz zustimmen werde. Dass der Bundestag womöglich erst informiert und befragt werde, wenn der Einsatz laufe, hält Nahles aber für gedeckt. „Dieser Fall ist möglich. Man sollte ihn aber vermeiden, so oft es geht.“ Die Bundesregierung jedenfalls betont, ein Syrien-Einsatz deutscher Truppen würde, wenn er denn käme, im Einklang mit dem Grundgesetz, dem geltenden Völkerrecht und natürlich auch mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz stehen.

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, natürlich stehe die Bundesregierung in Kontakt mit den US-amerikanischen Verbündeten und europäischen Partnern. Es gebe die große Sorge, dass sich „entsetzliche Muster“ von anderen syrischen Kampfschauplätzen wiederholen könnten.

Ankara rechnet mit Flüchtlingswelle

Erst in der vergangenen Woche war Außenminister Heiko Maas (SPD) nach Ankara gereist, wo Nato-Partner Türkei im Falle einer finalen Schlacht um Idlib mit einer nächsten Flüchtlingswelle Hunderttausender Zivilisten rechnet. Die Flüchtlinge könnten dann versuchen, sich auf türkisches Staatsgebiet zu retten.

Die Türkei hat deswegen bereits zusätzlich Truppen an die Grenze zu Syrien kommandiert, die eine Flüchtlingswelle abwehren sollen. In der Region könnte sich eine humanitäre Ausnahmesituation anbahnen. Maas betonte nach seinen Gesprächen mit Präsident Recep Tayyip Erdogan und Außenminister Mevlüt Cavusoglu: „Wir müssen alles tun, eine humanitäre Katastrophe in Idlib zu verhindern.“ Welchen Beitrag Deutschland dazu leisten könnte, ließ Maas offen.

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