Berlusconis mögliches Comeback belastet EU-Gipfel

Brüssel · Wortlos und mit einem schmalen Lächeln zog Silvio Berlusconi an den zahlreichen Medienvertretern vorbei. Italiens Ex-Regierungschef traf am Rande des EU-Gipfels mit konservativen Spitzenpolitikern des Kontinents zusammen. Unter ihnen war auch die - weit von ihm entfernt platzierte - deutsche Kanzlerin Angela Merkel.

 Silvio Berlusconi scheint sich in Bezug auf seine politischen Pläne nicht recht entscheiden zu können. Foto: Alessandro di Meo

Silvio Berlusconi scheint sich in Bezug auf seine politischen Pläne nicht recht entscheiden zu können. Foto: Alessandro di Meo

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Zwei Monate vor den vorgezogenen Parlamentswahlen in Italien spielt der exzentrische Multimilliardär mit Plänen eines politischen Comebacks. Festgelegt hat er sich nicht - zuletzt zog er seine Ambitionen für das Amt des Regierungschefs wieder in Zweifel.

Dennoch machen die Aussichten auf ein neues italienisches Chaos vielen in Europa Angst. Beim Spitzentreffen der 27 Staatenlenker scheiden sich die Geister. Der Tycoon hat entweder Freunde oder Feinde, Zwischentöne sind kaum zu hören.

"Er wird nicht zurückkommen", ist sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) ganz sicher. "Denn die Menschen in Italien haben ja nicht vergessen, dass er in den letzten zehn Jahren das Land regiert hat." Schulz gilt in Europas Hauptstadt als Berlusconi- Kenner: Im Juli 2003 war es zwischen den beiden zu einem Eklat im Europaparlament gekommen, als Berlusconi über den SPD-Europapolitiker sagte, dieser könne einen KZ-Helfer (Kapo) in einem Film spielen.

Ungewöhnlich deutlich wurde auch José Manuel Barroso, konservativer Chef der EU-Kommission. Er habe Berlusconi am Telefon darauf hingewiesen, dass Italien Stabilität und weitere Reformen brauche. "Das ist sehr wichtig für Italien, aber auch für die Eurozone und für die EU", so der Portugiese. Ungarns Regierungschef Viktor Orban schlug andere Töne an: "Ich bin ein Freund von Silvio Berlusconi, ich kann ihn nicht kritisieren."

Bei der Zusammenkunft der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) war pikanterweise auch Mario Monti geladen, scheidender Premier, dem sein Vorgänger Berlusconi erst kürzlich die Unterstützung versagte hatte.

Ausgerechnet in der belgischen "Académie royale" unweit des Königspalastes bot der 76-jährige Berlusconi nun dem parteilosen Monti an, er könne an der Spitze eines Mitte-Rechts-Bündnisses erneut Regierungschef werden. Die anwesenden Parteifreunde hörten es mit Wohlgefallen. Deutsche Regierungskreise legten aber Wert auf die Feststellung, dass Merkel sich nicht über einzelne Kandidaturen geäußert habe. Ob der Wirtschaftsprofessor wirklich eine Koalition der Berlusconi-Treuen führen kann und will, ist ohnehin nicht ausgemacht, meinen Beobachter.

Monti bekam von den EU-Größen für die Stabilisierung Italiens viel Beifall. "Ich kann nur sagen, dass es große Unterstützung für Monti gegeben hat", bilanzierte der luxemburgische Premier Jean-Claude Juncker nach dem Parteientreffen. Frankreichs sozialistischer Staatspräsident François Hollande meinte: "Monti ist derjenige, der Italien wieder erlaubt hat, sich aufzurichten und eine Schlüsselrolle zu übernehmen."

Die Neuwahlen in Italien bestimmen die Brüsseler Tagesordnung mehr, als dies nach außen hin deutlich wird. So ist der ursprüngliche Zeitplan von EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy nicht mehr zu halten, im Januar oder Februar einen Kompromiss zum langfristigen Finanzrahmen der EU von 2014 der 2020 zu schmieden. Der November-Gipfel war am Streit um den Haushaltsplan von einer Billion Euro gescheitert. Nun dürfte es April oder Mai werden, meinen Experten.

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