Drogen-Verfahren wird eingestellt BGH: Polizei stiftete zu Straftat an

BONN/KARLSRUHE · In einer bisher einmaligen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) gestern in einem Bonner Fall die rechtsstaatswidrige Tatprovokation durch verdeckte Drogenfahnder der Polizei als Verfahrenshindernis eingestuft, das Urteil des Bonner Landgerichts gegen zwei Angeklagte aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Das teilte der BGH gestern mit.

Die beiden Männer, ein 39-jähriger Bonner Gastwirt und sein 48-jähriger Bekannter, waren im Februar 2013 vom Landgericht Bonn zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln verurteilt worden. Im Urteil hatten die Bonner Richter festgestellt, dass die Angeklagten von Ermittlern regelrecht zu der Tat gedrängt worden waren. Laut BGH wurden sie damit nach der Definition des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zum "Werkzeug" der Kriminalpolitik gemacht.

Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des BGH und des Bundesverfassungsgerichts reichte in Fällen einer solchen rechtsstaatswidrigen Tatprovokation durch Polizeibeamte zur Kompensation des Eingriffs eine Strafmilderung aus.

Doch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied am 23. Oktober 2014, dass eine solche "Strafzumessungslösung" nicht ausreiche, um die Menschenrechtsverletzung zu kompensieren, die darin liege, dass ein "unschuldiger, unverdächtiger Mensch von staatlichen Behörden angestiftet" werde, eine Straftat zu begehen, damit diese anschließend - zur Abschreckung anderer - bestraft werden könne. Deshalb war die Bundesrepublik in einem anderen Fall vom EGMR verurteilt worden.

Vor diesem Hintergrund, so teilt der BGH nun mit, habe der 2. Strafsenat nun seine Rechtsprechung geändert. "Damit ist", so der BGH, "in Deutschland erstmals die rechtswidrige Überredung von Bürgern zu Straftaten durch die Polizei oder von ihr gesteuerter Personen als ein Verfahrenshindernis anerkannt worden."