BANGKOK Nanga Parbat Blutbad auf der Märchenwiese

BANGKOK · Neun Touristen und zwei Helfer am Westhang des Nanga Parbat ermordet. Radikalislamisten bezichtigen sich der Tat

Nicht einmal der pakistanische Bergführer schöpfte Verdacht, als kurz nach Mitternacht am Samstag plötzlich eine Gruppe uniformierter Männer in der bescheidenen kleinen Herberge nahe der weltberühmten "Märchenwiese" am Westhang des Nanga Parbat auftauchte. Lediglich einem chinesischen Bergwanderer kam die Angelegenheit nicht geheuer vor.

Er versteckte sich und wurde Augenzeuge eines brutalen Verbrechens. Die Unbekannten in Uniform brachten die anderen Bergwanderer vor die Tür und erschossen die Touristen.

Vier Ukrainer, drei Chinesen, ein Russe, ein Litauer und ein Nepalese seien ermordet worden, teilte die Polizei mit. Auch ein pakistanischer Helfer sei im Hochgebirge des Bezirks Diamir in der Region Gilgit-Baltistan getötet worden. Wenige Stunden später bekannte sich die Dachorganisation der pakistanischen Taliban (TTP) zu dem Massaker im Hochgebirge.

"Die Touristen wurden von den Taliban getötet", teilte TTP-Sprecher Ehsanullah Ehsan mit. Die bizarre Begründung: Mit dem Angriff nehme man Rache für einen Drohnenangriff der USA, bei dem TTP-Vize Wali ur Rehman Ende vergangenen Monats getötet wurde. "Wir haben damit eine Nachricht an die internationale Gemeinschaft gesandt, dass die USA mit den Drohnenangriffen aufhören muss."

Schon zuvor war der Verdacht auf radikalislamische Extremisten gefallen. Sie waren während der vergangenen Jahre zwar nicht in dem Gebiet nahe der Stadt Chilas aktiv. Aber sie strecken ihre Fühler seit dem Jahr 2009 aus. Damals eroberten die Taliban das Swat-Tal. Anordnungen der Extremisten reisten bis in die Kaschmir-Region und nach Chilas und versuchten, die lokalen Mullahs zur Unterstützung der Rebellion gegen die Regierung in Islamabad zu überreden.

Die Talibanmilizen holten sich damals zwar einen Korb. Aber seither gab es in Gilgit-Baltistan immer wieder Attacken gegen die schiitische Minderheit und auch gegen die Islamiten unter Führung des Agha Khan.

Sollte sich der Verdacht erhärten, dass Extremisten hinter dem Blutbad stecken, erlebt Pakistan einmal mehr die Kehrseite des blinden Nationalismus, der während der vergangenen Jahre geschürt wurde.

Während das offizielle Pakistan sich einem lauten Anti-Amerikanismus widmete, suggerierten Sicherheitskräfte wie der Geheimdienst ISI den 180 Millionen Bewohnern, das Land befinde sich in einer Auseinandersetzung der islamischen Gläubigen gegen Ungläubige. In den Koranschulen, aus denen viele der jungen fanatischen Kämpfer der Taliban in Pakistan und in Afghanistan stammen, gilt längst jeder Ausländer als Feind oder Spion.

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