Verteidigungsministerium Bonn soll weitere 350 Posten verlieren

BONN · Durchgesickert war die Zahl längst, jetzt verdichten sich die Indizien, dass sie stimmt: Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) will weitere 350 Dienstposten nach Berlin verlagern - nachdem er schon im September 360 Posten von der Hardthöhe abgezogen hatte.

Weil der Bendlerblock saniert wird, hat der Bund für diese Bediensteten ein Bürohaus gemietet. Nach Abschluss der Arbeiten 2014 oder 2015 sollen sie in den Bendlerblock umziehen. In einem internen Papier, das dem GA vorliegt, heißt es: "Anschließend werden weitere ca. 350 Dienstposten nach Berlin in das dann wieder leer gezogene angemietete Objekt verlagert."

Offiziell hatte der Minister 2011 erklärt, nach der ersten Verlagerungswelle werde bis zur Bundestagswahl 2013 nichts mehr geschehen. Gestern hieß es im Ministerium, es sei noch keine Entscheidung gefallen.

Nach Vollendung der Bundeswehrreform werden offenbar nur noch 750 Arbeitsplätze in Bonn und 1250 in Berlin sein: Auch Staatsrechtler Markus Heintzen nennt genau diese Zahlen in seinem Gutachten zum Berlin/Bonn-Gesetz. Entnommen habe er sie einem Papier des Ministeriums, erklärt er auf GA-Nachfrage, das ihm seine Auftraggeber, die Stadt Bonn sowie die Kreise Rhein-Sieg und Ahrweiler überlassen hätten.

Heintzen urteilt, dass der Bund seit Jahren gegen das Gesetz verstoße, weil die Mehrzahl der ministerialen Arbeitsplätze längst in der Hauptstadt sei: Die Umsetzung von de Maizières Plänen wäre eine Maßnahme, "die allein für sich die Gewichte zwischen Berlin und Bonn weiter spürbar verschöbe".

Wie ernst gemeint die Umzugspläne sind, kann man in dem Ministeriums-Papier nachlesen: "Die Vorgabe im Berlin/Bonn-Gesetz, dass eine Mehrzahl der Arbeitsplätze aller Ministerien in Bonn verbleiben, ist eine Soll- und keine Mussvorschrift.

Von der Sollvorgabe kann abgewichen werden, wenn es dafür stichhaltige Gründe gibt. In Bezug auf das BMVg ist das der Fall." Diese "Soll-Bestimmung" bewertet Heintzen komplett anders (siehe rechts).

Der Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber (SPD) wirft dem Verteidigungsminister vor, systematisch gegen das Berlin/Bonn-Gesetz zu verstoßen. Das Papier beweise, dass das Ende längst nicht erreicht sei. "Wenn er das jetzt leugnet, ist das die Unwahrheit", so Kelber.

Auch die Bundestagsabgeordnete Katja Dörner (Grüne) warnt: "Die Kuh ist nicht vom Eis." Die CDU-Abgeordneten des Rhein-Sieg-Kreises, Elisabeth Winkelmeyer-Becker und Norbert Röttgen, erklärten: "Für uns ist das maßgeblich, was der Bundesverteidigungsminister uns und der Region gegenüber erklärt hat. Es gibt keinen Grund, an den Zusagen zu zweifeln."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort