Reformpapier Brüssels Bankenpläne

BRÜSSEL · Der Bankkunde von morgen kann beruhigt schlafen. Denn auch wenn sich sein Institut am Investment-Markt verspekuliert, ist sein Geld sicher. Das ist der Kern eines neuen Reformpapiers, auf dessen Grundlage die EU-Kommission nun die Branche umbauen will.

"Wir können ein sicheres, solideres und wirksameres Bankensystem schaffen", sagte der finnische Notenbankchef Erkki Liikanen gestern in Brüssel. Ihn hatte Binnenmarktkommissar Michel Barnier mit der Leitung einer hochrangigen Arbeitsgruppe zur Reform des Bankensektors beauftragt. Gestern wurden die Ergebnisse vorgestellt. Und die greifen tief in die bisherige Geschäftspraxis ein.

Zwar sind Forderungen nach einer regelrechten Zerschlagung zumindest der Großbanken vom Tisch. Dennoch wollen die elf Experten der Arbeitsgruppe, zu denen auch Ex-Deutsche-Bank-Risikovorstand Hugo Bänziger gehört, dass die Geldhäuser den normalen Konto-Betrieb von Spekulationen mit Wertpapieren, Börsengeschäften für Kunden sowie Kreditvergaben an Hedge-Fonds trennen.

Damit soll sichergestellt werden, dass der Investment-Bereich im Fall massiver Verluste nicht auch das Geld der Sparer verbrennt. Doch diese Abtrennung wird erst dann nötig, wenn die Risiko-Sparte Vermögenswerte von mehr als 100 Milliarden Euro umfasst oder einen Anteil von mindestens 15 Prozent der Geschäftssumme ausmacht. Sollte sich die Grenze durchsetzen, wäre in Deutschland zwar die Deutsche Bank betroffen, die Commerzbank aber wohl schon nicht mehr.

Ausdrücklich spricht sich die Arbeitsgruppe dafür aus, die Verschuldung der Banken einzudämmen. Der Anteil kann am Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital abgelesen werden. Wie hoch das Defizit sein darf, soll noch festgelegt werden. Eine faustdicke Überraschung aber haben die Experten sich für die berüchtigten Banker-Boni ausgedacht: Die Chefetage der Institute soll nämlich künftig nicht mehr einen Teil des Honorars in Aktien ausbezahlt bekommen, sondern in so genannten unbesicherten Anleihen.

Das setzt die Manager massiv unter Druck, denn die neue Bankenaufsicht, die die EU gerade vorbereitet, kann den Wert dieser Papiere auf Null setzen, sobald die Bank in Schieflage gerät. In der aktuellen Krise hatte es wiederholt Auseinandersetzungen gegeben, weil einzelne Mitglieder des Führungspersonals ihre Sondervergütungen einklagten, obwohl sie zuvor das Institut in den Sand gesetzt hatten.

Ob sich die Kommission vom Charme dieser Vorschläge anstecken lässt und demnächst einen entsprechenden Gesetzesvorschlag präsentiert, ist allerdings offen. "Ich habe große Zweifel, dass sich da kurzfristig etwas tun wird", sagt Nicolas Veron, Regulierungsexperte des Brüsseler Forschungsinstitutes Bruegel.

Der Grund: Eine derart tiefgreifende Umstrukturierung der Branche steht im direkten Widerspruch zur Bankenunion, auf die Kommissionspräsident José Manuel Barroso derzeit setzt. Der erste Schritt zur Schaffung einer Aufsicht für die Euro-Zone ist bereits getan. Auch die Bundeskanzlerin drängt, zunächst eine gemeinsame Kontrolle für alle einzuführen.

Von einer Haftungsgemeinschaft aller Geldinstitute der Währungsunion untereinander hält sie bisher gar nichts. Nur einer Anregung der Experten werden in Brüssel echte Chancen eingeräumt: der Neuregelung der Banker-Boni. Da hatte die Kommission bisher noch nach einer zündenden Idee gesucht.