Kundus-Opfer klagen Bund soll 3,3 Millionen Euro Schadenersatz für Nato-Luftangriff zahlen

BONN · Der Nato-Luftangriff im September 2009 bei Kundus in Afghanistan mit Hunderten von Toten und Verletzten hat eine Klageflut vor dem Bonner Landgericht zur Folge: Nachdem 2011 bereits zwei Musterklagen bei der 1. Zivilkammer eingingen, hat der Bremer Anwalt Karim Popal nun zusammen mit dem Bremer Juraprofessor Peter Derleder zehn weitere Sammelklagen gegen das in Bonn ansässige Bundesverteidigungsministerium eingereicht, Das bestätigte Gerichtssprecher Michael Bräuer.

Dem deutsch-afghanischen Rechtsanwalt Karim Popal zufolge vertreten er und sein Kollege in den neuen Klagen 426 zivile Opfer, die bei dem Luftangriff entweder ihre Angehörigen verloren oder selbst verletzt wurden. Ihnen soll die Bundesrepublik Deutschland insgesamt 3,3 Millionen Euro Entschädigung zahlen, je nach Schwere des Falls zwischen 30 000 und 60 000 Euro. Denn, so die Begründung des Bremer Anwalts: Zu dem verheerenden Angriff sei es gekommen "durch den mörderischen Fehler des Bundeswehrkommandeurs Georg Klein".

Nachdem damals radikale Taliban zwei Tanklastwagen entführt hatten, ordnete Oberst Klein das Bombardement der Wagen durch US-Kampfjets an. Dabei sollen Anwalt Popal zufolge mehr als 130 Zivilisten getötet worden sein, der jüngste ein vierjähriger Junge. Oberst Klein habe den Einsatz befohlen, obwohl die Piloten wegen der Zivilisten davor gewarnt hätten, so der Anwalt. Für diesen grob fahrlässigen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht müsse Deutschland nun zahlen.

Popals Erklärung zufolge sind Hunderte von Opfern traumatisiert, weil sie die "Leichenteile ihrer Familienangehörigen mit ihren Händen gesammelt haben". Psychologische Betreuung gebe es für die schwer traumatisierten Opfer nicht, und die wirtschaftliche Situation sei "erbärmlich schlecht". Popals Versuch, 2010 außergerichtliche Einigungen zu erzielen, scheiterte. Später zahlte der Bund an die Familien von 91 Opfern freiwillig 5000 US-Dollar als Entschädigung.

Wann über die Klagen verhandelt wird, ist noch ungewiss.

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