Neue Spannungen China droht Taiwan mit gewaltsamer Wiedervereinigung

Peking · Der mächtige Staats- und Parteichef Xi Jinping hat den Anspruch seines Landes auf die Eingliederung der Insel Taiwan bekräftigt. Die Wiedervereinigung müsse und werde kommen.

 Drohende Worte in der Großen Halles des Volkes in Peking: Staats- und Parteichef Xi Jinping (Mitte). FOTO: AFP

Drohende Worte in der Großen Halles des Volkes in Peking: Staats- und Parteichef Xi Jinping (Mitte). FOTO: AFP

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Schon seit einiger Zeit befürchten viele Taiwaner, dass Chinas Führung den derzeitigen Status der vorgelagerten Insel nicht ewig akzeptieren werde. Der mächtige Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte in den vergangenen Jahren schon mehrfach die Wiedereingliederung Taiwans als sein „zentrales Vorhaben“ bezeichnet. Nun könnte es ernst werden für das bislang de facto unabhängig regierte Taiwan.

In einer Rede in der Großen Halle des Volkes in Peking hat Xi den Anspruch seines Landes auf die Eingliederung Taiwans bekräftigt. Die Wiedervereinigung müsse und werde kommen, betonte das chinesische Staatsoberhaupt. Sein Ziel sei zwar eine friedliche Wiedervereinigung. „China will keine Chinesen angreifen“, betonte Xi. Er behalte sich jedoch die Option auf den Einsatz aller „notwendigen Maßnahmen“ vor. Und das umfasse auch die Anwendung von Gewalt.

Er reagierte damit unmittelbar auf die Neujahrsrede der in Taiwan demokratisch gewählten Präsidentin Tsai Ing-wen. „Wir sind nicht bereit, unsere Souveränität aufzugeben oder Zugeständnisse hinsichtlich der Autonomie zu machen“, hatte sie gesagt. Ihr Land werde das von China propagierte Konzept „ein Land, zwei Systeme“ nicht akzeptieren und sei „stolz auf seine demokratische Lebensweise“.

Nur noch von 17 Ländern anerkannt

Der Streit um Taiwans Status geht zurück auf den chinesischen Bürgerkrieg, als die nationalchinesischen Kuomintang nach ihrer Niederlage gegen Maos Kommunisten nach Taiwan flüchten mussten. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet die vorgelagerte Insel seitdem als abtrünnigen Teil Chinas und droht mit einer Rückeroberung. Zwar wird Taiwan weltweit nur noch von 17 Ländern offiziell als eigenständiger Staat anerkannt – alle anderen haben auf Druck Pekings die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan aufgegeben. Anders als das von den Kommunisten autoritär geführte Festland hat Taiwan eine demokratisch gewählte Regierung, verfügt über eigene Verwaltung und Währung und zählt zu einem der reichsten Länder Ostasiens.

Vor allem die ältere Generation der Menschen in Taiwan hat lange Zeit ebenfalls an der Wiedervereinigung mit dem chinesischen Festland festgehalten – freilich jedoch nicht unter den Bedingungen der KP-Führung in Peking. Inzwischen hat sich die Zahl der Befürworter, die für eine offizielle Lossagung von China sind, deutlich erhöht. Unter jungen Taiwanern sind die Unabhängigkeitsbefürworter in der großen Mehrheit. Sie fühlen sich oft nicht einmal mehr kulturell mit dem Festland verbunden.

Detailfragen nicht geregelt

Seit 1992 gilt die Formel, dass beide zu „einem China“ gehören. Detailfragen wurden aber nie geregelt. Tsais Vorgänger hatte die Annäherung an China noch gesucht und vor allem wirtschaftliche Verflechtungen gefördert. Vor drei Jahren hat Tsai die Präsidentschaft übernommen, ihre Fortschrittspartei DPP hat ihre Wurzeln in der Unabhängigkeitsbewegung. Um Peking nicht zu sehr zu verärgern, mäßigt sich Tsai zwar im Ton und tritt nicht mehr ganz so vehement für die Unabhängigkeit ein, wie sie es als Oppositionspolitikerin getan hatte. Doch eine Annäherung sucht sie nicht. Im Gegenteil: Unter ihrer Ägide rüstet Taiwan auch militärisch auf.

In Peking steht Xi wiederum führungsintern unter Druck, Taiwans Unabhängigkeitsbestrebungen zu stoppen. In seiner Rede erklärte Xi, er sei zwar auch weiter bereit zu Gesprächen mit Vertretern Taiwans und werde nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ auch die religiösen und gesetzlichen Freiheiten achten. Sie müssten aber das Ein-China-Prinzip anerkennen. Er sei sich sicher, sagte er: Einem großen Teil der Menschen auf Taiwan sei bewusst, dass die Unabhängigkeit in eine „große Katastrophe“ führen werde.

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