Christian Wulff: Offene Briefe und offene Fragen

BERLIN · Fragen an Christian Wulff bleiben. Viele werden sich nach dem Schlagabtausch zwischen "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann und dem Bundespräsidenten via offener Briefe die Augen reiben: Was passiert hier? Offen bleibt: Was sprach Wulff auf Diekmanns Mailbox?

 Die Schlüsselbegriffe aus den Antworten von Bundespräsident Christian Wulff im Interview mit ARD und ZDF als Grafik.

Die Schlüsselbegriffe aus den Antworten von Bundespräsident Christian Wulff im Interview mit ARD und ZDF als Grafik.

Foto: dpa

Unklar ist auch noch: Wie alltäglich war der Privatkredit für sein Haus und dessen Umwandlung? Weder Wulffs Interview in ARD und ZDF noch die Darstellung seiner Anwälte im Internet geben Antworten zu allen Punkten.

Aussage steht gegen Aussage: Was genau wollte Wulff vom "Bild"-Chef, als er ihn am 12. Dezember anrief? Die geplante Berichterstattung zu seinem Hauskredit beeinflussen - soviel ist klar. "Ich habe darum gebeten, einen Tag abzuwarten und in der Berichterstattung aufzunehmen, dass ich den Vertrag offenbart habe, die private Kreditgeberin genannt habe und nicht zu berichten, man habe das recherchiert", sagte Wulff im Fernsehen. Die "Bild"-Zeitung konterte, Wulff habe die Berichterstattung über den Hauskredit verhindern wollen.

Mit der Aufforderung Diekmanns an Wulff, einer Veröffentlichung des Wortlauts auf der Mailbox zuzustimmen, schaukelte sich die Angelegenheit hoch. Wulff lehnte ab: "Die in einer außergewöhnlich emotionalen Situation gesprochenen Worte waren ausschließlich für Sie und für sonst niemanden bestimmt." Er fügte hinzu: "Ich habe mich Ihnen gegenüber kurz darauf persönlich entschuldigt. Sie haben diese Entschuldigung dankenswerterweise angenommen. Damit war die Sache zwischen uns erledigt. Dabei sollte es aus meiner Sicht bleiben. Es erstaunt mich, dass Teile meiner Nachricht auf Ihrer Mailbox nach unserem klärenden Telefongespräch über andere Presseorgane den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben. Es stellen sich grundsätzliche Fragen zur Vertraulichkeit von Telefonaten und Gesprächen. Hier haben die Medien ihre eigene Verantwortung wahrzunehmen." Nach dieser Wulff-Reaktion bedauerte das Blatt, Unstimmigkeiten könnten nun nicht im Sinne der von Wulff versprochenen Transparenz aufgeklärt werden.

Künftig dürften sich reichlich Spekulationen um den ominösen Anruf ranken. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele kritisierte Wulff im Deutschlandfunk: "Er hätte nun mal sagen sollen, was war eigentlich Inhalt dieses Gesprächs, kamen da solche Sätze vor wie "Krieg führen" oder "Beziehung abbrechen" und worauf bezogen sie sich."

Der Präsident betonte vor einem Millionenpublikum: "Es geht nicht um Rechtsverstöße, sondern es geht um Frage von Transparenz, von Darlegung, von Erklärung." Heute weiß man um den Hauskredit von Edith Geerkens an die Wulffs aus dem Jahr 2008. Doch weiß man alles für eine abschließende Bewertung? Für die Opposition im niedersächsischen Landtag ist der Fall noch nicht abgeschlossen. Sie will eine öffentliche Debatte im Plenum und weitere Auskünfte der Landesregierung. Am 18. Januar tritt der Landtag wieder zusammen.

2010 wurde das Privatdarlehen durch "ein rollierendes Geldmarktdarlehen" abgelöst, wie es auch Wulff-Anwalt Gernot Lehr erläutert. Per Einzelvertrag sei die Zinsentwicklung alle drei Monate berücksichtigt worden. Der Zinssatz habe sich wie üblich am Euribor-Zinssatz orientiert - einem Satz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen - zuzüglich Aufschlag. Zuletzt habe er 2,1 Prozent betragen.

"Es sind ganz normale, übliche Konditionen", sagte Wulff. Auch die in die Schusslinie geratene Bank betonte, für ihre gehobenen Privatkunden sei dies nicht ungewöhnlich. Für den Finanzberater Max Herbst waren die Konditionen der BW-Bank dagegen eher ungewöhnlich. Nur eine Handvoll Kunden in Deutschland erhielten solche, sagte er in einem Interview, "wenn überhaupt".

Laut Anwalt Lehr war es von vorneherein beabsichtigt, den Kredit durch ein langfristiges Tilgungsdarlehen abzulösen. "Und dann haben wir es umgewandelt auf Empfehlung der BW-Bank." In Stuttgart prüft jetzt die Staatsanwaltschaft, ob es wegen des günstigen Kredits einen Anfangsverdacht wegen Untreue gegen die BW-Bank gibt. dpa

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