Corona-Kabinett Kontaktbeschränkungen werden vermutlich länger andauern

Berlin · Am Donnerstag berät die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten erneut über weiteres Vorgehen in der Corona-Krise. Die Kontaktbeschränkungen werden vermutlich bis über den 3. Mai andauern. Allerdings könnten die Länder unterschiedliche Gänge einlegen.

 Am Donnerstag berät Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten erneut über Lockerungen innerhalb der Corona-Maßnahmen.

Am Donnerstag berät Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten erneut über Lockerungen innerhalb der Corona-Maßnahmen.

Foto: AP/Michael Kappeler

In Deutschland wird die Strenge der Kanzlerin bei den Kontaktbeschränkungen in Corona-Zeiten auch von eigenen Parteikollegen zunehmend hinterfragt – in den USA sehnen sie sich in der Krise nach der naturwissenschaftlichen Nüchternheit einer Angela Merkel. „New York Times“, „Washington Post“ und diverse Fernsehsender haben zuletzt das Krisenmanagement der Physikerin derart gelobt, dass schon von „Merkelmania“ in Amerika die Rede ist. Nun stimmt auch Microsoft-Gründer und Multimilliardär Bill Gates ein und zollt der deutschen Regierungschefin Anerkennung dafür, dass sie „eine Führungsfigur und eine klare Stimme“ zu sein versuche.

US-Präsident Donald Trump hatte jüngst für einen Aufschrei gesorgt, als er öffentlich die Frage aufwarf, ob den Menschen nicht Desinfektionsmittel zur Bekämpfung des Coronavirus gespritzt werden könnte. Die Katastrophenschutzbehörde des US-Staats Maryland sah sich zu der Mahnung gezwungen, unter keinen Umständen solche Mittel zu injizieren oder zu verabreichen.

Merkel will erst am 6. Mai über weitere Lockerungen sprechen

Entscheidungen über Lockerungen kann Merkel allerdings in einem föderalen Staat auch nicht klar anweisen. Dafür sind die Bundesländer zuständig. Aber sie kann kräftig auf die Bremse treten. Das dürfte sie an diesem Donnerstag auch machen, wenn sie sich wieder mit den Ministerpräsidenten zusammenschaltet.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag zwar: „An diesem 30. April wird es wichtige vorbereitende Beratungen und sehr begrenzte Beschlüsse geben.“ Aber eine wesentliche Entscheidung dürfte fallen: Dass die Mitte April bis zum 3. Mai verlängerten Kontaktbeschränkungen nicht groß gelockert werden, auch wenn einzelne Länder schon vorangehen mit der Öffnung von Geschäften und Schulen. Denn Merkel will erst am 6. Mai über weitere Erleichterungen sprechen. Erst dann sei eine seriöse Bewertung möglich, wie sich die ersten Lockerungen auf die Infektionsrate ausgewirkt haben. Seibert sagte: „Dieser 30. April kommt zu früh.“ Nach Andeutungen des Auswärtigen Amtes dürften die Reisebeschränkungen auf jeden Fall bleiben. Nach NRW-Angaben wird auch über die Lage für Kinder und Jugendliche und Amateursportler gesprochen.

Ähnlich sieht es die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). „Ich möchte zu hohe Erwartungen an weitere Lockerungen nach der Schalte mit der Bundeskanzlerin am 30. April dämpfen“, sagte sie unserer Redaktion. „Es geht darum, dass wir uns weiterhin um eine größtmögliche Einigkeit in grundsätzlichen Fragen bemühen.“

Länder können Regelungen unterschiedlich ausgestalten

Allerdings könnten die Länder trotzdem unterschiedliche Gänge einlegen: „Dabei muss es immer auch Raum für regional unterschiedliche Ausgestaltungen geben, da Regionen unterschiedlich stark betroffen sind“, sagte Dreyer. Wichtig sei, dass die Menschen Unterschiede nachvollziehen könnten. Gemeinsames Ziel müsse aber sein, den Anstieg der Infektionsrate unter Kontrolle zu halten. „Wir müssen immer wieder jeden einzelnen Schritt abwägen, denn im Zweifelsfall hängen Menschenleben davon ab.“ Sie mahnt: „Wir werden noch sehr lange mit dem Virus leben müssen. Daher bleiben Abstandhalten, Hygieneregeln und der sorgsame Umgang miteinander das A und O.“

Zu den „sehr begrenzten Beschlüssen“ am Donnerstag dürfte die bundesweite Wiederaufnahme von Gottesdiensten zählen. Darüber beriet Merkel im sogenannten Corona-Kabinett am Montag mit den Ressorts für Finanzen, Innen und Außen, Gesundheit und Verteidigung. „Wir sind einen großen Schritt weitergekommen“, sagte ein Sprecher von Innenminister Horst Seehofer (CSU). Das Corona-Kabinett habe sich ein Maßnahmenpaket zu Abstands- und Hygieneregeln zu eigen gemacht, das mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften geschnürt worden sei.

Kommunion und Konfirmation nur im kleinen Kreis

Dabei geht es auch um eine Begrenzung der Teilnehmerzahl und Regelungen zum Einlass in die Kirchen. Große Feste wie Taufen, Erstkommunionfeiern oder Konfirmationen sollen verschoben werden oder nur im kleinen Kreis stattfinden. Für Abendmahl- oder Eucharistiefeiern gelten – wenn sie überhaupt stattfinden – besondere Regeln wie Handschuhpflicht und die Empfehlung, auf den Wein zu verzichten. Die Zuständigkeit, ob Gottesdienste stattfinden dürfen, ist ebenfalls Sache der Länder. Dennoch sei einheitliches Vorgehen wünschenswert.

Sieben Länder haben bereits eigene Regelungen festgelegt. „Letztlich entscheidet das jedes Bundesland für sich“, sagte Seehofers Sprecher. „Das ist zu akzeptieren.“ Und auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) ließ wissen, dass bei der Überprüfung der Maßnahmen mit den Ländern die regional unterschiedliche Ausbreitung der Epidemie berücksichtigt werden müsse. Man könnte auch sagen: Merkel bremst, ohne anzuhalten.

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