Horst Seehofer im Portrait Dann eben Opposition

BERLIN · Kein Zweifel, der Mann steckt in der politischen Klemme: Horst Seehofer hat so ziemlich alles erlangt, was sich ein Politiker erträumen kann: Er ist nach einer intensiven bundespolitischen Karriere in München Ministerpräsident geworden. Als Parteivorsitzender ist er in den Bezirken beliebt, aber wird längst nicht so geachtet wie beispielsweise ein Franz Josef Strauß oder ein Edmund Stoiber.

 Horst Seehofer.

Horst Seehofer.

Foto: dapd

Doch dass ein CSU-Ministerpräsident, dessen Partei ein Jahrzehnte währendes Abonnement auf Stimmergebnisse von 50 bis 60 Prozent hatte, freiwillig über den Gang der CSU in die bayerische Opposition räsoniert, lässt aufhorchen.

"Ich meine das ernst", sagte Seehofer in der "Süddeutschen Zeitung". Seine Ansage: "Wenn ich mich dafür entscheide, 2013 anzutreten, dann stehe ich für eine volle Legislaturperiode zur Verfügung." Um beinahe trotzig hinzufügen, dass er im Fall einer Wahlniederlage seine Partei auch in die Opposition führen werde.

Die CSU in der Opposition? Für den 62-jährigen Ministerpräsidenten kommt viel zusammen. Seehofer ist über die Zustände in der Berliner Politik empört und macht sie für die Schwierigkeiten der CSU wesentlich mitverantwortlich. "Sie können das alles senden", meinte er im Mai wenige Tage nach der NRW-Wahl im ZDF, nachdem er bei einem normalerweise vertraulich zu behandelnden Nachgespräch über den damaligen Umweltminister Norbert Röttgen herzog.

Der CDU-Politiker wurde von Kanzlerin Angela Merkel keine 48 Stunden später aus dem Kabinett entlassen. Röttgen war weg, doch für Seehofer waren noch lange nicht alle Probleme innerhalb der schwarz-gelben Koalition beseitigt.

Das zeigte sich auch seit dem vergangenen Freitag, nachdem es den Oppositionsparteien gelungen war, durch einen parlamentarischen Kniff das Thema Betreuungsgeld zu vertagen. Seehofer erkannte genau, dass dies den Koalitionsparteien eine Sommertheater-Debatte beschert.

Für den Diplom-Verwaltungswirt ist die Wahlfreiheit zwischen einer staatlich unterstützten häuslichen Erziehung oder einem Kindertagesstätten-Platz ein existenzielles Projekt. Der CSU-Chef hat sich vor allem für die Interessen jener Eltern stark gemacht, die ihren Nachwuchs zu Hause erziehen wollen. Dies entspräche "am ehesten dem Familienbild der CSU". Er weiß aber auch, dass die inner-koalitionäre Solidarität mit seinen Vorstellungen eher überschaubar ist.

Die FDP, die dem Projekt nur aus Koalitionsräson zustimmte, forderte gestern zum wiederholten Male eine Neubewertung des Projektes. Von Kanzlerin Merkel, die sich am vergangenen Donnerstag mit einer Delegation der Frauen-Union traf, gibt es Erklärungen, sie sei für die Betreuungsprämie, weil sie nun einmal im Koalitionsvertrag stehe. Seehofer griff zu einer für Koalitionspartner ungewohnten Wortwahl: "Die Liberalen sollen jetzt endlich mal schweigen." Wenn das Projekt Betreuungsgeld nicht käme, so hatte der gebürtige Ingolstädter zuletzt angekündigt, werde man in Bayern andere Koalitionsprojekte blockieren.

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