Eine Analyse Das Familiensplitting - Wer profitiert, wer zahlt, wer will es, wer will es nicht?

BONN · Soll man das Ehegattensplitting auch auf die sogenannte Homo-Ehe ausweiten - oder es gleich ganz durch ein Familiensplitting ersetzen? Ist es gerecht, dass kinderlose Ehepaare im Gegensatz zu Eltern ohne Trauschein massiv Steuern sparen können?

Spätestens seit dem Vorstoß der rheinland-pfälzischen CDU-Chefin Julia Klöckner, das Ehegattensplitting durch ein Familiensplitting zu erweitern, ist die Debatte voll entbrannt.

Ein Blick ins Grundgesetz hilft weiter. Denn Artikel 6 stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates. Der Fiskus muss Ehepaare darum wie eine Wirtschaftsgemeinschaft behandeln. Statt Mann und Frau einzeln zu besteuern, werden die Einkommen der Ehegatten erst addiert, dann wird diese Summe halbiert, dann wird der gesplittete Betrag versteuert und die so berechnete Steuer schließlich verdoppelt. Aufgrund der Progression sinkt dadurch die Steuerlast der Ehepaare - und zwar umso mehr, je unterschiedlicher die Einkommen von Mann und Frau ausfallen.

Dem von Klöckner nun zitierten Grundsatzprogramm der CDU zufolge soll die Regelung auf Kinder ausgedehnt werden. Die radikalste Lösung wäre, jedes Kind wie ein vollwertiges Mitglied der familiären Wirtschaftsgemeinschaft zu zählen. Das Einkommen einer Familie mit drei Kindern würde dann durch fünf geteilt, der Steuersatz entsprechend deutlich sinken. Einer milderen Variante zufolge erhielten Kinder nur den Faktor 0,75 oder 0,5. So oder so würde eine solche Regelung unabhängig von der Frage gelten, ob es sich um eheliche oder uneheliche Kinder handelt.

Obwohl die CDU auf ihrer Homepage ausdrücklich für ein Familiensplitting wirbt, wollen ihre Vertreter in der Bundesregierung davon nichts wissen und verweisen auf den steigenden Finanzbedarf, sofern man andere Elemente der Familienförderung wie Kindergeld und Kinderfreibetrag nicht kappt - oder Steuern auf breiter Front erhöht. Die Oppositionsparteien wollen das Splitting derweil am liebsten ganz abschaffen und das Geld in gebührenfreie Kinderkrippen-Plätze stecken.

SPD-Vizechefin Manuela Schwesig etwa findet, die Idee des Familiensplittings bevorteile klar Besserverdienende, und spricht sich generell für eine - allerdings wohl grundgesetzwidrige - Individualbesteuerung von Ehepartnern aus. Warum die Sozialdemokraten zugleich das Ehegattensplitting möglichst schnell auf Homo-Ehen ausweiten wollen, bleibt derweil ein Rätsel. Das Splitting erst auszuweiten, um es dann abzuschaffen, klingt jedenfalls nach einem eher wirren Vorhaben.

Eines aber stimmt: Wer vermeiden will, dass wohlhabende Familien durch ein Familiensplitting überproportional entlastet werden, muss die Progressionsformel ändern. Mit steigendem Einkommen müsste der Steuersatz deutlicher angehoben werden. So ließen sich auch die Steuerausfälle durch das Familiensplitting ganz oder teilweise kompensieren.

Bleibt noch die Frage, was - steuertechnisch betrachtet - mit zusammenlebenden Paaren geschieht, die weder Trauschein noch Kinder besitzen. Der frühere Chefredakteur der "Zeit", Robert Leicht, schlug bereits 2006 vor, eine Art "Haushaltsbesteuerung" einzuführen. Zusammen veranlagt würden demnach Menschen, die "auf Dauer, also auf Treue und gegenseitige Verantwortung verbindliche Existenzgemeinschaften bilden". Was Leicht außen vor ließ: Einem Missbrauch wären dabei Tür und Tor geöffnet.

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