Ribal al-Assad, Cousin des syrischen Machthabers Baschar Das weiße Schaf der Familie

LONDON · Kaum ein Familienname bringt eine so große Bürde mit sich wie seiner: Ribal al-Assad, 38 Jahre, hat miterlebt, wie jene fünf Buchstaben seine Kindheit, seine Heimat und seinen Alltag bestimmt haben. Der Cousin des brutalen syrischen Despoten lebt heute im Exil in der britischen Hauptstadt, kämpft für einen demokratischen Wandel in Syrien. Leicht hat es das weiße Schaf der Familie nicht.

Ribal al-Assad wünscht sich ein friedliches Syrien.

Foto: privat

Jeden Tag sieht Ribal al-Assad die Bilder seines Cousins Baschar in den Nachrichten. Er sieht, wie er seine Heimat brutal zerstört, Menschen hinrichten lässt, er spürt selbst seine Furcht - nicht vor den Bomben des US-Präsidenten Barack Obama, sondern vor einem Attentat aus dem eigenen, inneren Zirkel. Als Spross der syrischen Herrscherfamilie kennt er die Gedankenwelt des Staatschefs und das politische Mosaik des Landes besser als jeder andere. Wären seine Eltern nicht mit ihm geflohen, als er neun Jahre alt war, könnte Ribal heute selber mächtige Ämter bekleiden. Doch der 38-Jährige kämpft auf der anderen Seite.

Für die "Organisation für Demokratie und Freiheit in Syrien" ist Ribal al-Assad als Ein-Mann-Blauhelm-Truppe unterwegs: Zuletzt hat er vor dem US-Kongress gesprochen, im britischen Unterhaus, in China, Indien und Südkorea. Seine Botschaft: Stellt den Menschen in Syrien eine Konferenz in Aussicht, bei der alle Oppositionsgruppen demokratische Strukturen für das Land festlegen - Parteien, Wahlen, politische Programme. "Die Mehrheit im Land unterstützen sonst trotz aller Brutalität den Präsidenten", erklärt er, "nicht, weil sie ihn schätzen, sondern weil sie den bekannten Teufel nicht durch einen unbekannten ersetzen wollen." Längst unterwandern Islamisten die Rebellenbewegung, begehen auch Rebellen Folter und Gräueltaten. "Die Sehnsucht in Syrien nach Demokratie ist so groß wie die Furcht, dass sie von den Falschen gekapert wird", so der Aktivist.

Dunkler Anzug, perfektes Englisch, sanfter Tonfall - Ribal al-Assad hat an Schulen und Unis in Frankreich, Großbritannien und den USA den internationalen Schliff bekommen. Unfreiwillig - denn die Familie ist seit dem Gang ins Exil ständig umgezogen. "In die Schule haben uns Leibwächter begleitet", so Ribal, "unser Quartier lag hinter Mauern und Sandsäcken, weil jemand versucht hatte, einen LKW in unser Haus zu rammen." 1994 hat er bei einem Besuch in Damaskus nur knapp ein Attentat am Flughafen überlebt. Sein Elternhaus wurde zerbombt - immerhin mit Vorankündigung. Seitdem kann Ribal al-Assad nicht mehr in seine Heimat fliegen, nicht einmal um seine Schwester zu beerdigen, die vor drei Monaten gestorben ist. "Jetzt im Krieg ist mein Wunsch, dort zu sein, noch größer als zu Friedenszeiten", so Assad.

Er selbst hat keine Lust auf Macht, auch nicht in einem demokratischen Syrien: "Ich will Teil des Wandels sein, ihn endlich einläuten, aber Funktionen interessieren mich nicht." Morddrohungen ignoriert er tapfer: "Ich gebe weiterhin mein Bestes für eine Sache, an die ich wirklich glaube. Das Schicksal entscheidet den Rest."