Kommentar Debatte um Günter Grass - Was gesagt werden muss

Die Deutschen werden den Juden nie Auschwitz verzeihen. Dieser berühmt-berüchtigte Spruch eines israelischen Psychoanalytikers, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt, lässt sich seit Mittwoch präzisieren: Günter Grass wird den Juden nie Auschwitz verzeihen.

Grass, der sich immer schon darin gefiel, die Moralkeule gegen andere zu schwingen, hat sich diesmal mit Schwung selbst ins moralische Abseits befördert.

Was gesagt werden muss: Seinem sogenannten Gedicht, das in Wahrheit ein Kommentar mit wilden Zeilenbrüchen und noch wilderer Argumentation darstellt, fehlt die Dichtung. Es ist literarisch wertlos und politisch verkommen. Die Medien, die Grass dann in Fernsehinterviews gezielt mit dem Nazi-Begriff "gleichgeschaltet" zu diffamieren versuchte, haben ganz unabgestimmt gleich geschaltet und das Offenkundige beim Namen genannt: Der Nobelpreisträger hat sich "mit letzter Tinte" demontiert.

Grass behauptet, er begehe unter Schmerzen einen Tabubruch, wenn er Israel auf offener Bühne kritisiere. Dabei nimmt er für sich theatralisch in Anspruch, was längst ganz selbstverständlich ist: seine Meinung zur Causa Israel/Iran zu äußern. Gleichzeitig tut er alles, um zu verhindern, dass diese Meinungsäußerung selbst Gegenstand kritischer Meinungen wird.

Dazu wählt er formal eine literarische Form, die es dem Künstler ermöglichen soll, sich jeder Debatte zu entziehen. Vorsichtshalber unterstellt er seinen Kritikern, dass sie gegen ihn das Totschlagargument "Antisemitismus" verwenden. Dabei ist er es, der so höchst vorsorglich Kritiker mundtot machen will. Als dies nicht gelingt, faselt er etwas von "Gleichschaltung", statt spätestens jetzt zu erkennen, wie falsch er liegt, wie verblendet er ist.

Grass schreibt, die deutschen Verbrechen seien "ohne Vergleich" - um dann prompt den Israelis zu unterstellen, sie planten ihrerseits einen Holocaust. Genau das assoziiert der Ausdruck "Auslöschen eines Volkes". Grass will also aus dem Opfer- ein Tätervolk machen, was die deutsche Schuld ebenso relativieren würde wie die ganz persönliche Schuld des jungen Grass, der Mitglied der Waffen-SS war und das jahrzehntelang verschwieg.

Grass vergleicht die israelische Regierung de facto mit dem Nazi-Regime und bezeichnet sich selbst als potenziell "Überlebender" eines israelischen "Erstschlags". Kann man noch perfider einen Rollentausch mit integrierter Schuldverschiebung vornehmen wollen? Nur, um nun selbst, als früherer Täter, den Zeigefinger heben zu können?

Nicht Israel ist der Aggressor. Der Iran ist es. Israel ist in der Region weit und breit die einzige Demokratie, während der Iran mit der Auslöschung Israels droht. Grass vertauscht und verdreht, dass einem übel wird. Mit letzter Tinte sei ihm deshalb hinterhergeschrieben: Es reicht!

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