Umwelt Der Ton wird schärfer

Berlin · CDU und CSU wollen der Deutschen Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit entziehen. Bekannt wurde die Organisation, als sie viele Prozesse gegen die Überschreitung von Luftgrenzwerten gewann.

 Die Debatte um Schadstoffgrenzwerte und Fahrverbote für ältere Dieselautos reißt nicht ab.

Die Debatte um Schadstoffgrenzwerte und Fahrverbote für ältere Dieselautos reißt nicht ab.

Foto: picture alliance / Sebastian Gol

Die Union hat ihre Angriffe auf die Deutsche Umwelthilfe (DUH) verstärkt. CDU und CSU wollen der Organisation die Gemeinnützigkeit aberkennen. „Wir brauchen strengere Regeln, um Missbrauch wie im Fall der Umwelthilfe zu verhindern“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Er bezeichnete die Organisation als „militante Splittergruppe“ und „Abmahnunternehmen unter dem Deckmantel des Klimaschutzes“. Das sei eine unternehmerische Tätigkeit.

Bereits im Dezember hatte der CDU-Parteitag beschlossen, prüfen zu lassen, ob die DUH weiterhin als gemeinnützige Organisation anerkannt werden soll. Der CDU-Bezirksverband Nordwürttemberg hatte sogar gefordert, die Gemeinnützigkeit abzuerkennen und die Möglichkeit von Verbandsklagen der DUH abzuschaffen.

Anlass für den verschärften Ton ist das vorige Woche öffentlich gewordene Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofes im Fall der globalisierungskritischen Gruppierung Attac. Ihr hatten die Richter die Gemeinnützigkeit wegen der politisch sehr breiten Kampagnen abgesprochen. Bei der DUH aber erstrecken sich die Aktivitäten zumeist auf den Umwelt- und Klimaschutz, der im Steuerrecht als gemeinnütziger Zweck genannt wird. Dennoch sieht CSU-Politiker Müller Angriffsflächen, ohne konkrete Reformvorschläge zu machen. Mit 361 stimmberechtigten Mitgliedern sei die DUH keine Organisation „mit großer Basis wie der BUND oder Greenpeace“, sagte Müller.

Die Umwelthilfe ist seit Jahren mit Abmahnungen aktiv, verklagt Händler, wenn sie falsche Emissionsangaben zu Autos oder Gebäuden machen. Wirklich bekannt wurde die Organisation mit ihrem Geschäftsführer Jürgen Resch aber erst, als sie viele Prozesse gegen die Überschreitung von Luftgrenzwerten gewann. In mehreren Kommunen mussten daraufhin Fahrverbote verhängt werden. Besonders kritisch für die Politik: Mit dem Land Hessen einigte sie sich zuletzt in einem Vergleich auf Fahrverbote in Darmstadt – damit nahm die DUH erstmals direkten Einfluss auf die Verkehrspolitik in einer Kommune, ohne dass es einen Richterspruch gab.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprang der Umwelthilfe bei. „Dass die DUH die Klagerechte wahrnimmt, mag nicht jedem gefallen, ist in einer Demokratie aber normal“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. „Die Lösung muss sein, dass wir vor Ort die Luftreinhaltepläne umsetzen und dass die Autoindustrie endlich die Fahrzeuge technisch nachrüstet.“ Auch der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lothar Binding, sagte: „Gemeinnützige Organisationen müssen politisch aktiv sein können. Anders ist eine Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke nicht effektiv möglich.“ Er zeigte sich mit Blick auf Attac sogar offen dafür, den Katalog gemeinnütziger Zwecke zu erweitern.

DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sprach von einem Angriff auf die Zivilgesellschaft. „Der Überbringer der schlechten Nachricht“ werde zum Sündenbock gemacht. Die Umwelthilfe werde seit 43 Jahren vom Finanzamt ohne Beanstandung geprüft.

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