Treffen der Staats- und Regierungschefs Der Turbo-Gipfel von Brüssel

BRÜSSEL · Donald Tusk machte kurzen Prozess. Am Donnerstag wenige Minuten vor Mitternacht erklärte der neue Vorsitzende der europäischen Staats- und Regierungschefs das Gipfeltreffen für "beendet". Es gebe "keine Notwendigkeit, morgen erneut zusammenzukommen".

 Nach dem Gipfel: (von links) Ratspräsident Donald Tusk, Italiens Premier Matteo Renzi und Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

Nach dem Gipfel: (von links) Ratspräsident Donald Tusk, Italiens Premier Matteo Renzi und Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

Foto: AFP

Der 57-jährige Pole als Erfinder des Turbo-Gipfels von Brüssel - das hat es so noch nicht gegeben. "Die neue Art, die Dinge beim Gipfel zu erledigen," twitterte Mina Andreewa, die Sprecherin von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, "drei Seiten Schlussfolgerungen, Arbeit an einem statt an zwei Tagen erledigt." Manch ein Staatsoberhaupt oder Regierungschef zeigte sich ob der neuen Effizienz sogar mit einem weihnachtlichen Lächeln: "Ein echtes Geschenk", frohlockte Italiens Premier Matteo Renzi.

Tatsächlich hat Tusk drei Wochen nach Amtsantritt begonnen, verstaubte Strukturen aufzulösen. Sitzungen bis weit nach Mitternacht soll es nicht mehr geben. "Eine Konferenz muss man gut vorbereiten, das ist wichtiger als stundenlange Debatten, die nicht weiterführen", hieß es aus dem Umfeld des Ratspräsidenten, der in seiner Amtszeit als polnischer Regierungschef 48 EU-Gipfel "überlebt" hat und nun Konsequenzen gezogen hat.

Am liebsten wäre ihm, wenn eine Nachmittagsitzung sowie ein Abendessen reichen würden, wurde in Brüssel betont. Kleinkram gehöre nicht auf die Tagesordnung von Staatenlenkern. Noch im Juni umfasste die Schlusserklärung 26 Seiten. Am Donnerstagabend war alles auf drei Seiten gesagt. "Effektives Arbeiten" lautet das neue Stichwort.

Dafür steht Tusk nicht allein. Auch aus dem Kreis der Außenminister berichten Teilnehmer von einem "anderen Gesprächsklima". Dafür sorge die neue Außenbeauftragte der Union, die 41-jährige Federica Mogherini. Sie habe die langen Tagesordnungen voller Details zusammengestrichen und auf Kernfragen reduziert, so dass mehr Zeit zum "strategischen Austausch" bleibe. "Das macht alles einen richtig guten Eindruck", sagte ein hoher EU-Diplomat nach dem ersten Treffen der Außenamtschefs unter neuer Leitung.

Angesichts klarer Führung sinkt die Bedeutung des so genannten EU-Vorsitzes, in dem sich die EU-Mitgliedstaaten alle sechs Monate abwechseln. Derzeit sind die Italiener dran, am 1. Januar übernehmen die Letten. Jeder bringt sein eigenes Programm und seine Lieblingsprojekte mit - noch. Denn Tusk, Mogherini und andere scheinen erst am Anfang ihrer Entrümpelungsaktion zu sein.

Für das erste Halbjahr 2015 seien drei Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs geplant - alle sollen ausnahmslos auf "höchstens einen Tag" beschränkt werden, hieß es gestern in Brüssel. "Gute Ergebnisse sind keine Frage von viel Zeit, sondern von effizienter Beratung", bekräftigte ein Mitarbeiter Tusks. Die Staatenlenker selbst zeigten sich gern einverstanden. "Ein kurzer, prägnanter, gut organisierter Rat", lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sparte sich die Übernachtung in Brüssel und flog nach in der Nacht zurück nach Berlin.

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