CDU-Abgeordneter zu unerwünschter Person erklärt Der Ukraine-Versteher

BERLIN · Die Nacht im Transitbereich des internationalen Flughafens Scheremetjewo in Moskau hat er jetzt hinter sich. Immerhin konnte er sich dort in die Lounge von "Aeroflot" retten. Karl-Georg Wellmann ist zurück in Deutschland.

 Karl-Georg Wellmann

Karl-Georg Wellmann

Foto: dpa

Der 62 Jahre alte CDU-Bundestagsabgeordnete, Rechtsanwalt und Notar aus Berlin, musste am Pfingstwochenende erfahren: Er ist in Russland unerwünschte Person. Bis 2019, so teilten ihm barsche Uniformierte mit, dürfe er nicht mehr einreisen. Begründung: Fehlanzeige.

Was Wellmann in Moskau zur "Persona non grata" gemacht haben dürfte: Der CDU-Politiker ist manchen Aufpassern im Kreml zu Ukraine-freundlich. Wellmann ist Vorsitzender der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag, er war vergangenes Jahr für die Organisation für die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als Wahlbeobachter in der Ukraine, und er ist seit März Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins "Agentur zur Modernisierung der Ukraine", in dessen Auftrag sich auch Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bereit erklärte, die Ukraine auf ihrem Weg zu besserer Regierungsführung beim Aufbau des Finanzsektors zu beraten.

Weil Wellmann nicht nach Moskau darf, will nun auch Bundestags-Vizepräsident Johannes Singhammer nicht mehr in die russische Hauptstadt. Im Namen des Hohen Hauses. CSU-Politiker Singhammer sagte gestern seine für diese Woche geplante Reise nach Moskau kurzfristig ab. Als Vize-Präsident des Bundestages könne er "nicht akzeptieren, dass einem Bundestagsabgeordneten ohne Begründung auf dem Moskauer Flughafen die Einreise verweigert wird", erklärte er. Singhammer, der Gespräche im russischen Außenministerium wie auch mit Oppositionspolitikern terminiert hatte, will seine Reise verschieben, bis der Vorfall um Wellmann aufgeklärt sei.

Wellmann selbst kritisierte die Entscheidung der russischen Behörden als "unklug". Es sei "besonders unproduktiv", gerade Politiker und Personen auszuschließen, "die sich um einen Ausgleich bemühen". Wellmann hatte nach eigenen Angaben in Moskau auch Gespräche mit Beratern von Präsident Wladimir Putin geplant. Doch er will in seinen Vermittlungsbemühungen, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zu entschärfen, nicht nachlassen: "Es wäre ganz falsch, auf diese Vorwürfe hysterisch zu reagieren", sagte er dem GA.

Tatsächlich muss der CDU-Bundestagsabgeordnete annehmen, dass sein Name auf einer "Revancheliste" nicht erwünschter ausländischer Politiker in Moskau steht. Gut möglich, dass das Einreiseverbot für Wellmann eine Strafaktion des Kreml für die von der EU beschlossene Einreiseverbote für einige russische Politiker ist. Wellmann will trotzdem weiter vermitteln, so gut es ihm erlaubt ist. Er setzt auf Einsicht und nicht auf Emotionen.

Wie sehr es in der Politik auf jedes Wort ankommt und wie sehr Emotionen unerwünschte Folgen haben können, musste Wellmann Ende März nach dem Absturz einer Germanwings-Maschine in den französischen Alpen erfahren. "Vor Germanwings kann man nur noch warnen. Überalterte Maschinen und miserabler Service. Mit denen werde ich nicht mehr fliegen", schrieb er auf seiner Facebookseite. Ein Eintrag, der kurz darauf gelöscht wurde. Doch für Wellmann hatte die folgende öffentliche Kritik Folgen: Seine Fraktion setzte ihn als Redner einer Debatte ab - ausgerechnet über den Ukraine-Konflikt.

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