UN-Sicherheitsrat Deutschland und Frankreich als Welt-Ordnungshüter

NEW YORK · Deutschland und Frankreich wollen im UN-Sicherheitsrat neue Akzente setzen. In der Sitzung ging es unter anderem darum, ob der INF-Vertrag noch zu retten ist.

 Premiere: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) eröffnet eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates.

Premiere: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) eröffnet eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates.

Foto: dpa

Sitzung 8500 des UN-Sicherheitsrates. Ein kleines Jubiläum. Um 10.13 Uhr schwingt der neue Vorsitzende den Hammer. Ein Schlag auf den Holztisch, „dann ist die Tagesordnung so beschlossen.“ Heiko Maas sitzt im Saal der Weltmächtigen, die manchmal wegen der vielen ungelösten Krisen auf diesem Globus auch Weltohnmächtige sind. Vor dem deutschen Außenminister stehen zwei Schilder: „President“, daneben „Germany“. Maas führt durch Sitzung Nummer 8500 des UN-Sicherheitsrates: 15 Mitglieder, fünf ständige, zehn nicht-ständige, darunter Deutschland. Es geht an diesem Vormittag um Abrüstung, um Atomwaffen, um den Nicht-Verbreitungsvertrag.

„Der Sicherheitsrat hat die Aufgabe, sich um den Weltfrieden zu kümmern. Und der Weltfrieden wird von Nuklearwaffen bedroht“, hat der deutsche Außenminister noch in der April-Sonne draußen vor dem UN-Gebäude betont. Drinnen im Saal geht es um ein Ziel: um eine Welt ohne Nuklearwaffen. Ob der INF-Vertrag noch zu retten ist? Maas: „Ich bin skeptisch.“ Gerade nach der Aufkündigung dieses Vertrages – erst durch die USA, dann durch Russland – über das Verbot atomarer Mittelstreckenraketen gebe es wieder viel Misstrauen. „Das darf nicht dazu führen, dass wir wieder in eine Aufrüstungslogik verfallen. Der Kalte Krieg ist vorbei, den Warschauer Pakt gibt es nicht mehr, die Mauer gibt es nicht mehr in Deutschland“, hatte Maas die Lage kurz skizziert. Die Welt brauche neue Antworten auf neue Herausforderungen.

Ringen um gemeinsame Erklärung

Maas weiß: Zwei Drittel der UN-Mitglieder haben ein Verbot von Atomwaffen beschlossen. Deutschland ist bislang nicht dabei. Warum? Maas sagt, dieses Atomwaffen-Verbot wirke nur dann, wenn auch die Staaten, die Nuklearwaffen in ihren Arsenalen hätten, dieses Verbot mittragen würden. Also gelte es, die USA, Russland und China – alle drei keine erklärten Multilateralisten – ins atomwaffenfreie Boot zu holen.

So ringen sie – wie so oft im UN-Sicherheitsrat – um eine gemeinsame Erklärung des Gremiums. Das Ergebnis liest sich dünn. Ein sehr kleiner gemeinsamer Nenner. So betonen die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates ihr Bekenntnis, den Nicht-Verbreitungsvertrag als „Eckpfeiler“ für nukleare Abrüstung und eine möglichst friedliche Nutzung von Kernenergie weiter zu entwickeln. Im Jahr 2020, wenn der Atomwaffensperrvertrag 50 Jahre alt wird, wollen die Mitglieder des Sicherheitsrates dann Abrüstung und Nicht-Verbreitung nochmals stärken. Ein bisschen alles und nichts.

Vorsitz für 30 Tage

30 Tage hat Deutschland nun den Vorsitz im Weltsicherheitsrat, im kommenden Jahr noch einmal für einen Monat. Maas und sein französischer Amtskollege Jean-Yves Le Drian waren schon am Vortag – Tag eins des deutschen Vorsitzes – hinter einem Mikrofon mit UN-Emblem gemeinsam aufgetreten. Sie sind die Welt-Ordnungshüter in den Monaten März und April, in denen erst Frankreich und danach Deutschland den Vorsitz im Sicherheitsrat führt – angelegt als „Doppelvorsitz“.

Neben Maas und Le Drian hängt auf dem Flur des UN-Hauptquartieres ein Riesenwandteppich, auf dem Pablo Picassos weltberühmtes „Guernica“ abgebildet ist. Eine Reaktion des Malers 1937 auf die Zerstörung der baskischen Stadt Guernica durch die deutsche Legion Condor, die während des Spanischen Bürgerkrieges an der Seite von Francisco Franco kämpfte. Totale Zerstörung. Le Drian sagt: „Auch der Krieg muss durch Recht geregelt werden.“ Maas betont einige Minuten später: „Wenn Krisen und Chaos der neue Normalzustand sind, müssen gerade Deutschland und Frankreich für die internationale Ordnung einstehen.“

Allianz der Multilateralisten

Le Drian betont die „Allianz der Multilateralisten“, die beide Regierungen bilden wollen. Maas sagt, Deutschland und Frankreich seien Beispiel dafür, wie aus Erbfeinden „die besten Freunde in der Welt“ wurden. Dies solle Mut machen auch für andere Staaten, die heute in Konflikten miteinander lebten. „Der Sicherheitsrat ist der Dreh- und Angelpunkt der internationalen Ordnung“, betont der deutsche Außenminister. Da war er gerade angekommen – nach einer erneuten Panne am Luftwaffen-Airbus „Konrad Adenauer“. Weil es so schön zum Monat des deutschen Vorsitzes passt, hat er nach der Reifenpanne bei der Landung augenzwinkernd gesagt, vielleicht werde er auch damit bald den Sicherheitsrat befassen.

Jetzt hat Maas den Vorsitz in dem Gremium, das über den Weltfrieden wachen soll. In seinem Rücken das monumentale Gemälde des norwegischen Malers Per Lasse Krohg, das einen aufsteigenden Phoenix für den Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt – ein Mutmacher für eine Welt in Unordnung, damals wie heute.

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