Deutschland und Polen hoffen auf Wende im Ukraine-Konflikt

St. Petersburg · Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht eine mögliche Wende im Ukraine-Konflikt, fordert aber Schritte für ein Ende des Blutvergießens im Osten des Landes.

 Bundesaußenminister Steinmeier (r) sitzt vor Beginn eines Sechsaugengespräches mit dem polnischen Außenminister Sikorski (l) und dem russischen Außenminister Lawrow in Sankt Petersburg zusammen. Foto: Thomas Trutschel

Bundesaußenminister Steinmeier (r) sitzt vor Beginn eines Sechsaugengespräches mit dem polnischen Außenminister Sikorski (l) und dem russischen Außenminister Lawrow in Sankt Petersburg zusammen. Foto: Thomas Trutschel

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"Ich hoffe, dass der Einfluss, den Russland hat, genutzt wird, um in entsprechender Weise auf die Separatisten einzuwirken", sagte er am Dienstag nach einem Treffen mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow und dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski in St. Petersburg. Durch direkte Gespräche zwischen Russen und Ukrainern gebe es nun ein positives "Momentum", das genutzt werden müsse.

Es war Steinmeiers erster Besuch nach dem vom Westen als Völkerrechtsbruch kritisierten Anschluss der Krim an Russland. Wegen der jüngsten Entspannungssignale war das im Januar am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz vereinbarte Dreier-Treffen nicht abgesagt worden. Mit dem Format sollen auch historische Konflikte aus der Hitler-Stalin-Zeit dauerhaft überwunden werden. Lawrow nannte als Beispiele der Kooperation Historikertreffen zur Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs und Programme zum Austausch von Diplomaten.

Der polnische Minister Sikorski sagte, dass Kiews neuer Präsident Petro Poroschenko in der Lage sei, die Ukraine zusammenzuhalten. Er betonte: "Wir sehen keine Gefahr für Russland, die sich ergeben würde durch eine Annäherung der Ukraine an die Europäische Union." Gerade in Polen hatte die Annexion der Krim nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch neue Bedrohungsängste ausgelöst. Danach kam es zu den Abspaltungsbestrebungen in der Ostukraine. Das ukrainische Militär reagierte mit einer Offensive.

Russlands Außenminister Lawrow begrüßte die Pläne Poroschenkos, einen humanitären Hilfskorridor für Flüchtlinge in der Ostukraine einzurichten. "Ich gehe fest davon aus, dass es kein ausgefuchster militärischer Schritt ist, um den Regierungstruppen freie Hand zu geben", sagte er. Durch den Korridor könnten Menschen aus den umkämpften Gebieten Lugansk und Donezk Zuflucht in anderen Regionen suchen.

Lawrow forderte zugleich ein Ende des Militäreinsatzes in der Ostukraine. Er sei überzeugt, dass die Aufständischen der Waffenruhe dann auch folgen würden. Steinmeier mahnte Russen und Ukrainer zu einer besseren Kontrolle der Grenze, um ein Einsickern von Kämpfern zu unterbinden. Er forderte "irgendeine Form" eines Grenzmanagements, um die Eskalation zwischen Separatisten und ukrainischem Militär zu beenden.

Die Konfliktseiten in der Ukraine werfen sich gegenseitig vor, Söldner bei ihren Kämpfen gegeneinander einzusetzen. Kremlchef Wladimir Putin hatte zuletzt den für den Grenzschutz zuständigen Inlandsgeheimdienst FSB aufgefordert, die russische Seite besser zu sichern. Die Ukraine beklagt seit Wochen illegale Übertritte von prorussischen Kämpfern sowie die Einfuhr von Waffen und Technik.

Steinmeier war zunächst mit Sikorski zusammengekommen, um das Treffen mit Lawrow vorzubereiten. Steinmeier betonte, der jüngste Prozess der Deeskalation müsse unumkehrbar gemacht werden. Von einer Lösung der Krise seien die Seiten noch weit entfernt, aber die Tonlage von russischer Seite habe sich merklich gewandelt. "Es gibt kein Interesse, eine neue Spaltung Europas zu riskieren", sagte er.

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