Wahl in Berlin AfD steht vor Regierungsbeteiligung

Berlin · Ziemlich laut hat die Rechtsaußenpartei AfD zuletzt die Diskussion darüber geführt, ob sie sich in Zukunft an einer Regierung beteiligen will oder nicht – dabei wird sich diese Frage nach der Berlin-Wahl an diesem Sonntag sehr wahrscheinlich von selbst entscheiden

 Der Vorsitzende der Berliner Alternative für Deutschland (AfD), Georg Pazderski.

Der Vorsitzende der Berliner Alternative für Deutschland (AfD), Georg Pazderski.

Foto: picture alliance / dpa

Wenn die Partei so abschneidet wie nach Umfragen erwartet – zwischen zehn und 15 Prozent –, dann fällt ihr automatisch das Vorschlagsrecht für ein Amt und damit für Regierungshandeln in den Bezirken zu. Eine Koalition ist nicht nötig. Damit würde die Partei bundesweit erstmals diese Verantwortung übernehmen – etwas, das Spitzenleute wie der Brandenburger Fraktionschef Alexander Gauland bisher strikt mit der Begründung abgelehnt hatten, seine Partei stehe für „Systemopposition“. Dagegen sieht der Berliner Spitzenkandidat der AfD, Georg Pazderski, die Sache pragmatisch: Es werde wohl zu dieser Form der Regierungsbeteiligung kommen, sagte er dem Deutschlandfunk: „Dort werden wir beweisen müssen, ob wir auch das können.“

Der Grund für den Berliner Sonderfall ist die zweistufige Verwaltung der Hauptstadt. Die zwölf Bezirke haben Größen und Einwohnerzahlen wie Großstädte – Pankow allein beispielsweise ist flächenmäßig so groß wie Paris, in Neukölln leben mehr als 350.000 Menschen. Gewählt wird am Sonntag der politische Teil der bezirklichen Selbstverwaltung, die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die Geschäfte führt aber das Bezirksamt – hier sitzen hauptamtlich, verantwortlich und besoldet, ein Bürgermeister und vier Bezirksstadträte, die für Ressorts wie Bauen, Bildung, Verkehr, Kultur und Soziales zuständig sind und Millionenetats verantworten. Diese wichtigen Ämter werden nicht von einer gebildeten Koalition besetzt, sondern nach Proporz der Fraktionsstärken vergeben.

In den drei östlichen Bezirken Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick halten Wahlforscher es für sehr wahrscheinlich, dass die AfD einen Stadtrat stellt. Das Institut Election.de rechnet in einer Prognose für den „Tagesspiegel“ mit einer Regierungsbeteiligung in bis zu neun Bezirken. Am östlichen Stadtrand, wo die CDU traditionell schwach ist, die NPD in der Vergangenheit hohe Werte erzielte und die Wahlbeteiligung vergleichsweise gering war, wird mit Ergebnissen um 20 Prozent gerechnet. Dort wirbt die Partei mit russischsprachigen Plakaten auch explizit um russlanddeutsche Wähler.

Pazderski verweist darauf, dass seine Partei über kompetentes Personal für die Ämter verfüge. Es sei nur die Frage, welche Aufgaben die anderen Parteien der AfD zugestünden. Pazderski, neben der Europa-Abgeordneten Beatrix von Storch Landeschef in Berlin, möchte Fraktionschef im Abgeordnetenhaus werden und dort Opposition machen.

Nach der jüngsten Umfrage des Institutes Insa für „Cicero“ liefern sich die Parteien in Berlin ein Kopf-an-Kopf-Rennen und eine Dreierkoalition böte die einzige Möglichkeit zu einer Regierungsmehrheit. Demnach liegt die SPD bei schwachen 22 Prozent, CDU und Grüne gleichauf bei 18 Prozent, Linke und AfD bei 14 Prozent und die FDP kommt mit sechs Prozent zurück ins Parlament.

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