Kampf gegen sexualisierte Gewalt Was ist das richtige Strafmaß für Kindesmissbrauch?

Berlin · Härtere Strafen für den Besitz von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch werden derzeit wieder diskutiert. Doch gibt es Wichtigeres im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern? Eine Analyse.

 Absperrband umgibt den Kleingarten in Münster, einer der Tatorte des vermutlichen Haupttäters in einem Missbrauchsfall, der eine bundesweite Debatte über das Strafmaß für solche Taten ausgelöst hat.

Absperrband umgibt den Kleingarten in Münster, einer der Tatorte des vermutlichen Haupttäters in einem Missbrauchsfall, der eine bundesweite Debatte über das Strafmaß für solche Taten ausgelöst hat.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Lügde, Bergisch-Gladbach, Münster: Die drei Städtenamen stehen für Netzwerke von schwerem Kindesmissbrauch, Kinderpornografie und sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Die Fälle in Nordrhein-Westfalen haben die Debatte um härtere Strafen für solche Taten erneut entfacht. Man kann und sollte das Strafmaß erhöhen. Doch wie bestraft man das Unfassbare? Zudem ist das Strafmaß nicht der entscheidende Faktor im Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und dem Verbreiten der Bilder solcher Taten.

Abschreckung lässt sich nur durch eine Kombination aus konsequenter und effizienter Fahndung, dem Aufdecken der Straftaten und am Ende auch durch hohe Strafen und anschließende Sicherungsverwahrung erzielen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) geht mit dem erhöhten Fahndungsdruck den richtigen Weg. Das wirksamste Mittel gegen Kindesmissbrauch ist, diesen zu verhindern, zu unterbinden, aufzudecken und zu stoppen. Die hohe Zahl an dramatischen Fällen in den vergangenen Monaten ist nicht darauf zurückzuführen, dass es plötzlich mehr Kinderschänder gibt. Sie werden zumindest in NRW aber inzwischen häufiger aufgespürt. Die erfolgreichen Ermittlungen dürften auch eine abschreckende Wirkung auf mögliche Täter haben. Man kann nur alle Innenminister der Bundesländer auffordern, in gleicher Entschlossenheit vorzugehen. Jeder Tag früher, an dem das Martyrium eines Kindes beendet werden kann, ist ein gewonnener Tag. Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang, dass die Reform des sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes die Zahl der Hinweise für Ermittlungsbehörden erhöhen wird. Die Plattformbetreiber müssen künftig verdächtige Bilder nicht nur löschen, sondern auch die Daten der Urheber an die Behörden melden. Umso wichtiger ist es, dass die Länder ihre Fahndungseinheiten mit mehr und spezialisierten Leuten ausstatten. Die Gesetzesreform liegt noch im Bundestag und sollte so schnell wie möglich verabschiedet werden. Zudem wird man genauer bei Menschen hinsehen müssen, die bereits wegen minder schwerer Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern aufgefallen sind. Wenn sie eigene Kinder oder Kinder in Obhut haben, müssen die Behörden sie regelmäßig kontrollieren. 

„Die aktuellen Beispiele zeigen, dass wir bei der Frage nach Sicherungsverwahrung noch stärker die jeweilige Vorgeschichte der Täter einbeziehen müssen“, sagte Reul unserer Redaktion. In Fällen, in denen Täter nach der Haftentlassung unter Führungsaufsicht stünden, würden sie in NRW mit einem besonderen Konzept begleitet und immer überprüft.

Das Strafmaß spielt selbstverständlich eine wichtige Rolle. Es ist beim Thema Kindesmissbrauch aber kein Allheilmittel, wenn es darum geht, die Taten zu verhindern. Es spricht vieles dafür, insbesondere das Strafmaß für den Besitz von Kinderpornos und von Kindesmissbrauch zu erhöhen. Bislang beginnt der Strafrahmen für sexuellen Missbrauch von Kindern bei sechs Monaten. Das ist zu wenig. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass der Missbrauch Kinderseelen zerstört und die Opfer oft ein Leben lang mit den psychischen Folgen der Taten zu kämpfen haben. Kinder und die Gesellschaft insgesamt müssen man ganz besonders vor Sexualstraftätern schützen. Für Menschen, die pädophile Neigungen verspüren, gibt es inzwischen gezielte Therapie-Angebote, die sicherlich noch ausgeweitet und noch offensiver beworben werden könnten. Jene Triebtäter, die nicht therapierbar sind, müssen nach einer abgesessenen Strafe in Sicherungsverwahrung genommen werden. Da darf es keine Toleranz geben.

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