Silvesternacht in Köln Albers widerspricht Innenminister Jäger

Düsseldorf · Nach den Übergriffen in der Silvesternacht warf die Landesregierung Wolfgang Albers Kommunikationspannen und eine verfehlte Einsatzplanung vor. Nun sagte der entlassene Kölner Polizeipräsident im Untersuchungsausschuss aus.

Der entlassene Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers sieht sich als Sündenbock der massenhaften sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht und hat Innenminister Ralf Jäger (SPD) in entscheidenden Punkten widersprochen. Albers erklärte gestern als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Landtags, er habe die biblische Bedeutung des Begriffs „Sündenbocks“ nachgeguckt und festgestellt: „Da ist wahrscheinlich etwas dran.“

Albers wurde am 8. Januar von Jäger in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Ihm wurden von der Landesregierung Kommunikationspannen und eine verfehlte Einsatzplanung vorgeworfen. Albers gab nun zu Protokoll, dass er die politische Dimension der Kölner Silvesterübergriffe früher geahnt habe als bislang bekannt.

Ihm sei spätestens am 2. Januar klar gewesen, dass die Herkunft der möglichen Tatverdächtigen vom Domvorplatz „ganz erhebliche Auswirkungen auf die Flüchtlings- und Integrationspolitik haben wird“, so Albers. Deshalb sei er in der öffentlichen Kommunikation sehr vorsichtig gewesen.

Er sei aber fest davon ausgegangen, dass das Innenministerium zu diesem Zeitpunkt über den normalen Dienstweg informiert worden sei und seine Einschätzung der politischen Trageweite „auch im Ministerium geteilt wird“. Er wisse, dass die Informationsstränge im Innenministerium gewöhnlich gut klappten. Jäger und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wollen dagegen erstmals am Nachmittag des 4. Januar überhaupt Hinweise auf die sexuellen Übergriffe erhalten haben.

Albers widersprach auch Jägers bisheriger Darstellung, dass erst das Innenministerium das Kölner Polizeipräsidium dazu gedrängt habe, öffentlich Klarheit über die Herkunft der Tatverdächtigen zu schaffen. Innen-Staatssekretär Bernhard Nebe (SPD) habe ihm in einem Gespräch am 6. Januar lediglich mitgeteilt, er könne im Zusammenhang mit den Tatverdächtigen „jetzt ruhig über Flüchtlinge reden“. Dass er jedoch aus Düsseldorf „mit Nachdruck“ zu einem Ende einer angeblichen Vertuschung aufgefordert worden sei und gewissermaßen einen mündlichen Erlass erhalten habe, wie es das Innenministerium dargestellt hatte, wies Albers zurück: „Das habe ich so nicht in Erinnerung.“

Der entlassene Polizeipräsident trat auch Jägers Vorwürfen entgegen, die Kölner Polizei habe mit der Einsatzleitung in der Silvesternacht einen Beamten des höheren Dienstes betrauen müssen und nicht nur – wie geschehen – einen Kollegen des gehobenen Dienstes. Dies sei auch in den vergangenen Jahren so gehalten worden und nie beanstandet worden. „Mich wundert, dass die Kritik im Nachhinein kommt“, sagte der 60-Jährige.

Entschuldigung bei den Opfern der Übergriffe

Albers nutzte seine Aussage, um die überfallenen Frauen in einer persönlichen Erklärung um Verzeihung zu bitten. Kuriose Begebenheit am Rande: Die Zeugenvernehmung begann mit minutenlanger Verzögerung, weil sich Albers zunächst nicht im U-Ausschuss fotografieren lassen wollte. Der Ausschussvorsitzende Peter Biesenbach (CDU) entschied jedoch, dass er als Person des öffentlichen Lebens das Blitzlichtgewitter aushalten muss.

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