Regierung rät zu Vorsorge Altersarmut nimmt in Deutschland zu

Berlin · Die gesetzliche Rente reicht künftig bei vielen nicht gegen den Absturz in Armut. Der Rat der Regierung: private Vorsorge. Doch damit ruft sie heftige Kritik hervor.

Viele Bürger sind finanziell nicht ausreichend für ihren Ruhestand abgesichert.

Viele Bürger sind finanziell nicht ausreichend für ihren Ruhestand abgesichert.

Foto: Stephanie Pilick

Altersarmut wird für Millionen Menschen in Deutschland zum wachsenden Problem. Denn das Versorgungsniveau der künftigen Rentner werde ohne zusätzliche Altersvorsorge in den kommenden Jahren deutlich zurückgehen, wie aus dem "Alterssicherungsbericht 2016" des Bundessozialministeriums hervorgeht.

Vor allem Geringverdiener sorgen aber nicht selbst vor. So haben laut dem Bericht 47 Prozent der Niedrigverdiener keinerlei zusätzliche Altersvorsorge.

Mehrere Medien wie die "Süddeutscher Zeitung" (Mittwoch) oder die "Passauer Neue Presse" (Donnerstag) zitierten zuerst aus dem Bericht.

"Während über alle Einkommensklassen hinweg rund 30 Prozent der Befragten angaben, über keine zusätzliche Altersvorsorge zu verfügen, sind es bei den Geringverdienern mit einem Bruttolohn von weniger als 1500 Euro pro Monat knapp 47 Prozent." Das seien 1,9 Millionen der knapp 4,2 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in dieser Niedriglohngruppe. Fast drei Viertel sind Frauen.

Insgesamt verfügten 70,4 Prozent über eine zusätzliche Vorsorge, 33,8 Prozent über einen Riester-Vertrag, 20,4 Prozent sowohl über eine Riester-Police als auch über eine betriebliche Vorsorge. Das Nettoeinkommen von Ehepaaren über 65 betrug 2015 im Schnitt 2543 Euro, bei alleinstehenden Männern waren es 1614, bei Frauen 1420. Knapp die Hälfte aller Senioren haben zusätzliche Einkünfte: vor allem Zinsen, aber auch Mieten, Pacht und Erwerbseinkommen.

Bereits seit Ende September ist bekannt, wie stark die gesetzliche Rente hinter den Löhnen in den kommenden Jahrzehnten zurückbleibt. Dies zeigt sich im fallenden Rentenniveau. Bis 2035 sinkt es nach Berechnungen des Sozialministeriums von heute 47,8 Prozent auf unter 43 Prozent - bis 2045 soll es auf 41,6 Prozent sinken, wenn nicht gegengesteuert wird.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann rief zu einer Einigung in der Koalition über das künftige Rentenniveau auf. "Gerade bei der Rente darf man nicht mehr versprechen, als man hinterher leisten kann ", sagte Oppermann dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstag). Es spreche daher einiges für eine Verständigung über das Rentenniveau.

Die Linken kritisierten es als "zynisch", wenn die Bundesregierung Geringverdienenden empfiehlt, privat vorzusorgen . DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte, Geringverdiener könnten Rentenlücken nicht über private Altersvorsorge ausgleichen.

Die heutigen Rentner müssen im kommenden Jahr mit einer deutlich geringeren Erhöhung ihrer Bezüge auskommen als in diesem Jahr. Nach den jüngsten Daten vom Juli ergebe sich eine Erhöhung der Renten im kommenden Sommer um 2,3 Prozent (West) und 2,58 Prozent (Ost), heißt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur im Haushaltsplan der Deutschen Rentenversicherung Bund. Die Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Mittwoch) hatte daraus zitiert.

Die Rentenversicherung betonte, derzeit seien noch keine belastbaren Aussagen zur Höhe der Rentenanpassung im nächsten Jahr möglich. Genauere Prognosen werden erst für November erwartet, alle relevanten Daten gibt es erst im Frühjahr. Im Sommer waren die Renten um 4,25 Prozent im Westen und 5,95 Prozent im Osten gestiegen.

Die Führungen der Unionsparteien wollen am Freitag über Reformschritte bei der Rente beraten. Gegen die CSU-Forderung nach einer Ausweitung der Mütterrente gib es in der CDU Widerstand. Sowohl der Chef der CDU-Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, als auch der Chef der Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, sprachen sich in der "Welt" dagegen aus. Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will im November ein umfassendes Rentenkonzept vorlegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Heikle Ware
Kommentar zu den Waffenexporten Heikle Ware