Kampf um den CDU-Vorsitz Annegret Kramp-Karrenbauer grenzt sich ab

Berlin · Eine Frau geht aufs Ganze: Im Kampf um den CDU-Vorsitz grenzt sich Annegret Kramp-Karrenbauer bewusst von ihren Mitbewerbern Jens Spahn und Friedrich Merz ab - aber auch von Angela Merkel.

Entweder ist Annegret Kramp-Karrenbauer am Abend des 7. Dezember neue CDU-Vorsitzende mit Ambitionen aufs Kanzleramt. Oder sie ist erst einmal nichts mehr. Für sie sei klar, dass ihre Zeit als Generalsekretärin mit dem Parteitag in Hamburg enden werde, und zwar völlig unabhängig vom Ausgang der Wahl, sagt sie ruhig aber bestimmt bei ihrem Wahlkampfauftakt vor der Hauptstadtpresse. Damit nichts nach Wettbewerbsverzerrung riecht, hat sie dafür nicht die von ihr gemanagte Parteizentrale gewählt, sondern ihren Landesverband den Festsaal der saarländischen Landesvertretung anmieten lassen.

Wie Angela Merkel seinerzeit mit einer „Deutschland-Kette“ optisch punktete, hat auch Kramp-Karrenbauer zum Anlass einen auffälligen Halsschmuck gewählt. Doch die Steine variieren deutlich in roten, blauen, gelben, violetten und grünen Farbtönen. Ähnlich dezent aber deutlich inszeniert sie verbal die Absetzbewegung von Merkel. Deren Ära als Parteivorsitzende gehe nun zu Ende, und wiewohl jeder „im Positiven wie im Negativen auf den Schultern seiner jeweiligen Vorgänger“ stehe, will Kramp-Karrenbauer nun „ein neues Kapitel aufschlagen“.

Neuer und Besser

Im nächsten Satz folgt die Bekräftigung: Es gehe darum, etwas „Neues und Besseres“ daraus zu machen. Und schon ist sie bei ihrem persönlichen Aufbruch: Wie sie im Februar das Amt der Ministerpräsidentin fahren ließ, um sich als Generalsekretärin „in den Dienst der Partei“ zu stellen. Wie sie das nun im Rückblick für eine ihrer schwersten, wichtigsten und richtigen Entscheidungen hält. Und wie sie dann in über 40 Begegnungen mit Parteigremien vor Ort, den Stolz, den Frust, die Sorge und die Verunsicherung der Partei gespürt habe.

Ihre Antwort darauf ist eine noch schärfere Abkehr von Merkel. „Viel zu häufig“, so die Nachfolge-Kandidatin, habe die Regierung notwendige Entscheidungen getroffen, die die Partei dann habe akzeptieren müssen. Das passe nicht mehr in die Zeit und müsse abgelöst werden durch einen umgekehrten Ablauf: Zuerst positioniere sich die Partei, die das dann über die Fraktion in die Regierung trage.

Sie betont dabei nicht nur die Abkehr von einer „bleiernen Zeit“. Sie hat damit geschickt auch die Bewegung der Unionsfraktion weg von Merkel-Mann Volker Kauder hin zu Nach-Merkel-Mann Ralph Brinkhaus mitsamt Neuaufbruch der Unionsfraktion mit angesprochen. Und mit ihrem Verweis auf ihre „ganz spezielle Expertise“ weist sie ganz nebenbei auch indirekt darauf hin, dass sie die einzige ist, die für die CDU schon mehrfach Wahlen gewonnen hat.

Fragen von heute beantworten

Kramp-Karrenbauer beherrscht das leichte Florett. Das zeigt sie im Umgang mit ihren Mitkonkurrenten. Sie wolle nicht gegen sie Wahlkampf machen, sondern nur ein eigenes Angebot machen. Jens Spahn hat sich mit dem Vorhaben, das Migrationsthema auszudiskutieren, in Stellung gebracht, und zu Friedrich Merz fallen vielen seine Vorschläge aus den 90er Jahren ein, die Steuererklärung so zu vereinfachen, dass sie auf einen Bierdeckel passt.

Und so ist es sicherlich kein Zufall, dass sich Kramp-Karrenbauer bei der Migrationsfrage vehement dagegen ausspricht, jetzt erst noch drei Jahre darüber zu diskutieren, was 2015 richtig oder falsch gewesen sei, sondern die Fragen von heute zu beantworten, etwa zum Umgang mit kriminell gewordenen Flüchtlingen. So wie sie im Falle eines Wahlsieges Spahn bitten will, im Kabinett zu bleiben, möchte sie auch die Expertise eines unterlegenen Merz für die Partei nicht missen. Da könne man ruhig den „Bierdeckel beiseite“ schieben und mit ihm ein Konzept für eine Steuererklärungs-App für die Ansprüche im digitalen Zeitalter entwickeln. Der Seitenhieb sitzt.

Eine Blitzumfrage unserer Redaktion unter mehreren Dutzend CDU-Politikern ergibt Anerkennung für sie – und die Absicht, vor einer Festlegung nun erst die Regionalkonferenzen mit der Vorstellung der wichtigsten Kandidaten abzuwarten. Wenige wissen schon, was sie wollen. Europaausschuss-Chef Gunther Krichbaum gehört dazu. Er wird Merz unterstützen, weil dieser „auch außenpolitisch sehr beschlagen“ und „in Richtung USA bestens vernetzt“ sei und dies „wichtiger denn je“ werde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort