Evangelische Kirche in Deutschland Annette Kurschus ist neue Ratsvorsitzende der EKD

Potsdam. · Annette Kurschus ist die neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und folgt damit auf Heinrich Bedford-Strohm. Das Thema Missbrauchsaufarbeitung will Kurschus zur „Chefinnensache“ machen.

 Übernimmt den Ratsvorsitz der EKD: Annette Kurschus.

Übernimmt den Ratsvorsitz der EKD: Annette Kurschus.

Foto: dpa/Sina Schuldt

Sie ist das neue Gesicht des deutschen Protestantismus: Am Mittwoch wählten Synode und Kirchenkonferenz die westfälische Präses Annette Kurschus erwartungsgemäß und mit großer Mehrheit zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die 58-jährige, calvinistisch geprägte Theologin folgt auf den bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, dessen sechsjährige Amtszeit in diesem Jahr auslief.

Die zweite Tagung der 13. Synode der EKD sollte ursprünglich in Bremen stattfinden, wurde dann aber wegen der verschlechterten Corona-Lage digital durchgeführt. Schon an ihrem ersten Tag nach ihrer Wahl setzte Kurschus andere Akzente als viele ihrer Vorgänger: Die Westfälin tritt deutlich geistlicher auf als etwa Heinrich Bedford-Strohm, Wolfgang Huber, Margot Käßmann oder Nikolaus Schneider. Als Kurschus am Mittwoch von einem Journalisten gefragt wurde, ob sie sich zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs staatliche „Wahrheitskommissionen“ nach angelsächsischem Vorbild vorstellen könne, folgte ein minutenlanger, fast philosophischer Exkurs über die Wahrheit an sich, die doch kein Mensch besitzen könne – bevor sie dann den konkreten Vorschlag ablehnte. Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs indes will Kurschus zur „Chefinnensache“ machen. „Ich werde mich verstärkt dazu einarbeiten“, kündigte Kurschus an. „Wir müssen Unrecht benennen, auch das eigene Unrecht, wir müssen Schuld eingestehen, um Vergebung bitten und neue Wege einschlagen“.

Regelung zur Betroffenenbeteiligung beschlossen

Bei diesem Thema blieb indes auch das Kirchenparlament, die Synode der EKD, nicht untätig. Die Synodalen beschlossen am Mittwoch eine Regelung zur stärkeren Betroffenenbeteiligung. Künftig soll das Thema Missbrauch wiederkehrend auf den Jahrestagungen der Synode auf der Tagesordnung stehen. Zudem wurde eine Kommission geschaffen, die die Tagungen vorbereiten und dabei mit Experten und Betroffenen kooperieren soll.

Selbst ist sich Kurschus im Klaren darüber, dass die Erwartungen an die Kirche noch immer groß sind. „Weil wir mit der Botschaft, von der wir leben, die Hoffnung wachhalten“, sagt Kurschus. „Und Hoffnung ist ein rares Gut geworden in einer Welt, die aus so vielen Wunden blutet.“ Zum Beispiel im Mittelmeerraum, wo Menschen auf der Flucht nach Europa ertrinken. „Fremd zu sein, ist ein Urthema der Bibel“, sagte Kurschus. „Fremde zu schützen, ihre Würde zu achten, das ist von Gott gegeben, der selber als Fremder in diese Welt kam.“

Zum Thema Klimschutz sagte sie: „Wir müssen alles tun, um das Leben in Vielfalt zu schützen und zu erhalten, damit auch unsere Kinder und Kindeskinder auf der Erde leben können“, so Kurschus. Kurschus sprach sich auch dafür aus, dass die Kirche an die Ränder der Gesellschaft gehen sollte, zu den Armen und Ausgegrenzten. „Wir blicken anders in die Welt“, sagte Kurschus. „Und deshalb braucht uns diese Welt.“

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