NSU-Prozess Anwälte säen Zweifel an Zusammenleben der NSU-Mitglieder

München · Im NSU-Prozess versuchen Beate Zschäpes Anwälte, Zweifel am Zusammenleben des mutmaßlichen Terrortrios zu säen. Damit treten sie der These der Anklage entgegen, wonach Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach ihrem Untertauchen ohne Unterbrechung zusammen wohnten.

 Die Angeklagte Beate Zschäpe (2.v.l.) steht im Gerichtssaal in München zwischen ihren Anwälten. Foto: Peter Kneffel

Die Angeklagte Beate Zschäpe (2.v.l.) steht im Gerichtssaal in München zwischen ihren Anwälten. Foto: Peter Kneffel

Foto: DPA

So seien die Wohnungen, die den dreien zugeordnet wurden, zum Teil viel zu klein, sagte Verteidiger Wolfgang Stahl am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München. Für die Anklage ist das gemeinsame Leben der drei im Untergrund ein Indiz dafür, dass Zschäpe auch in die Terroranschläge der Gruppe eingebunden war.

Zuvor hatte ein BKA-Beamter die Ermittlungsergebnisse zu den Wohnungen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) präsentiert. Demnach wohnten die drei nach ihrem Untertauchen 1998 zunächst in verschiedenen Wohnungen in Chemnitz - zwischenzeitlich in einer Einzimmer-Wohnung mit 27 Quadratmetern. Im Jahr 2000 zogen sie nach Zwickau, wo sie nacheinander drei verschiedenen Wohnungen hatten. Mundlos und Böhnhardt töteten sich 2011 nach einem Banküberfall, um der Festnahme zu entgehen. Beate Zschäpe zündete daraufhin die letzte gemeinsame Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße an.

Dass wirklich alle drei zusammenlebten, ist aber nur für die Zeit direkt nach dem Untertauchen und für die letzte Wohnung in der Frühlingsstraße durch Zeugenaussagen belegt. Allerdings gibt es zu den vorherigen Wohnungen zum Teil Mietverträge, die auf Aliaspersonalien von Uwe Mundlos ausgestellt sind. Die Ermittlungen haben bislang keine belastbaren Hinweise auf eine zwischenzeitliche Trennung der drei ergeben; auch Zschäpes Verteidiger haben keine entsprechenden Beweisanträge gestellt.

Ein Kriminalbeamter fasste am Montag die Ermittlungen zum "Pogromly"-Spiel zusammen. Der Anklage zufolge haben Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe das Brettspiel entwickelt und in einer kleinen Serie hergestellt. Die Fotos zeigen ein Spielfeld in Anlehnung an das Gesellschaftsspiel "Monopoly". Anstelle von Straßen gibt es deutsche Städte, die der Spielanleitung zufolge "judenfrei" gemacht werden sollen. Statt der Bahnhöfe des Originalspiels gibt es Felder mit Konzentrationslagern: Auschwitz, Buchenwald, Ravensbrück, Dachau.

Nach Schätzung des Ermittlers wurden 20 bis 30 Exemplare des antisemitischen Spiels hergestellt. Bereits 1998 fanden Ermittler ein Spiel in der von Beate Zschäpe angemieteten Garage in Jena, die dem Trio als Bombenwerkstatt diente; ein weiteres Exemplar war bei ihr zu Hause versteckt. Später sollen mehrere Spiele über Mittelsmänner in der rechten Szene verkauft worden sein. Die Ermittler vermuten, dass die drei damit eine Zeit lang ihren Lebensunterhalt bestreiten wollten. Zur handwerklichen Qualität des Spiels konnte der am Dienstag vernommene Beamte allerdings nicht viel sagen - er hatte die Auswertung nur anhand von Fotos vorgenommen, aber das Spiel selbst nie in der Hand gehabt.

Insgesamt werden dem Trio unter anderem zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge und zahlreiche Banküberfälle zur Last gelegt. Dabei sollen Böhnhardt und Mundlos die Taten ausgeführt haben; Zschäpe ist als Mittäterin angeklagt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort