Arbeitsmarkt-Bilanz „Die Stadt Bonn ist pandemieanfällig“

Bonn · Der Arbeitsmarkt im Rhein-Sieg-Kreis erholt sich leichter von den Problemen durch die Pandemie, da der Anteil der Dienstleistungsjobs geringer ist als in Bonn. Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter ziehen Bilanz.

 Besucher der Agentur für Arbeit gehen durch eine Tür.

Besucher der Agentur für Arbeit gehen durch eine Tür.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Fachkräfte sind gesucht, Menschen ohne Ausbildung haben es schwer. Auf diese einfache Formel lässt sich die Lage des Arbeitsmarktes der Region Bonn/Rhein-Sieg zu Beginn des Jahres 2022 bringen. Außerdem gibt es einen regionalen Unterschied: Während sich der Arbeitsmarkt im Rhein-Sieg-Kreis schneller von den Problemen der Pandemie erholt, bleibt die Lage in der Stadt Bonn mit einem Anteil von 90 Prozent der Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor kritisch: „Die Stadt Bonn ist pandemieanfällig“, sagte Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bonn, bei der gemeinsamen Jahresbilanz mit den Jobcentern Bonn und Rhein-Sieg.

Im Agenturbezirk Bonn/Rhein-Sieg lag die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2021 unverändert bei 6,3 Prozent. In Bonn stieg die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt von 7,5 Prozent 2020 auf 7,7 Prozent. Im Rhein-Sieg-Kreis blieb die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt bei 5,6 Prozent. „Auch in diesem Jahr konnten viele Menschen von dem Instrument der Kurzarbeit profitieren, welches die Chance wahrt, Arbeitslosigkeit zu vermeiden“, sagte Krause.

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist auf das hohe Niveau der Vor-Corona-Zeit zurückgekehrt. Nach den jüngsten Daten vom Juni 2021 gab es im Agenturbezirk 350.771 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das waren zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Sie arbeiten oft in den Wirtschaftszweigen Gesundheit- und Sozialwesen, den wirtschaftlichen Dienstleistungen, wie zum Beispiel Rechts-, Unternehmens- und Steuerberatung, dem Handel, dem Verarbeitenden Gewerbe, der Öffentlichen Verwaltung und der Information und Kommunikation.

Das Jobcenter des Rhein-Sieg-Kreises verzeichnet mit rund 16.500 Familien den niedrigsten Kundenbestand seit 2006. Rund 5000 Personen hätten im vergangenen Jahr eine Arbeit aufgenommen, sagte Ralf Holtkötter, Geschäftsführer des Jobcenters Rhein-Sieg.

Erfolgsrezept zurück in den Arbeitsmarkt: Berufsabschluss

Die Jobcenter kümmern sich um Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht allein sicherstellen können. Im Rhein-Sieg-Kreis sind das rund sieben Prozent. „Etwa drei Viertel unserer Kundinnen und Kunden haben keine abgeschlossene Berufsausbildung“, sagte Holtkötter. Ein Erfolgsrezept zurück in den Arbeitsmarkt sei ein nachgeholter Berufsabschluss.

Dieser Förderschwerpunkt des Jobcenters Rhein-Sieg soll weiter ausgebaut werden. Dies werde unterstützt vom Vorhaben der neuen Bundesregierung, die Dauer der Förderung nicht mehr einzuschränken und zusätzlich ein Weiterbildungsgeld zu zahlen. Die intensive Arbeit mit Jugendlichen habe sich ausgezahlt: Mit rund 770 arbeitslosen Jugendlichen sei auch hier die die Zahl historisch niedrig.

Arbeitsmarktpolitische Fortschritte im Koalitionsvertrag

Auch Robert Zirbes, stellvertretender Geschäftsführer des Jobcenter Bonn sieht im Koalitionsvertrag arbeitsmarktpolitische Fortschritte: „Wir begrüßen ausdrücklich die Entscheidung des Bundes, das 2019 in Kraft getretene Teilhabechancengesetz zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen zu entfristen.“ Erste Erfolge hätten gezeigt, dass die Jobcenter auf dieser Grundlage Langzeitarbeitslosen nachhaltiger die Tür zum Arbeitsmarkt aufstoßen könnten. Die Langzeitarbeitslosigkeit sei 2021 in Bonn gestiegen, da durch die Pandemie besonders Branchen in Mitleidenschaft gezogen wurden, in denen viele der Kunden des Jobcenters Arbeit finden, wie in der Gastronomie oder im Handel.

Viele Menschen, die Grundleistungen beziehen, hätten gesundheitliche Einschränkungen. Die Gesundheitsprävention für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sei im Jobcenter Bonn Tagesgeschäft. Im 2021 eröffneten Teilhabehaus Bonn arbeite das größte „rehapro“-Team in NRW. Hier werden aktuell über 1000 Personen mit psychischen Beeinträchtigungen betreut und behutsam wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt.

Leichte Fortschritte sehen die Arbeitsmarktexperten bei der Aufgabe, geflüchtete Menschen in der Region Bonn/Rhein-Sieg in Arbeit zu bringen. Im Dezember 2021 suchten 6183 geflüchtete Menschen Arbeit. Ein Jahr zuvor waren es 6600 Menschen. Der Anteil der geflüchteten Menschen, die 2021 einen Job fanden, sei leicht auf 15,9 Prozent gestiegen.

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