Entscheidung mit dem Arzt Priorisierung bei Astrazeneca nun komplett aufgehoben

Berlin · Impfwillige können sich künftig ohne Rücksicht auf die gültige Vorrangliste gegen Corona impfen lassen - wenn sie sich mit ihrem Arzt für Astrazeneca entscheiden. Das haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen.

 Eine Spritze mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca.

Eine Spritze mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca.

Foto: dpa/Matthias Bein

Demnach wird die Priorisierung bei diesem Impfstoff vollständig aufgehoben. Ärztinnen und Ärzte in Praxen könnten nun entscheiden, wer wann mit dem Impfen drankomme und ob das Präparat von Astrazeneca das passende sei, so Spahn.

Derzeit sind 7,1 Millionen oder 8,6 Prozent der Bundesbürger voll geimpft. Fast jeder Dritte hat mindestens eine Spritze bekommen: 30,6 Prozent. Bis Ende August sollen auch alle 12- bis 18-Jährigen ein Impfangebot erhalten. Voraussetzung ist, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer wie erwartet im Juni ab 12 zugelassen wird, wie Spahn weiter ankündigte. Heute ist er erst ab 16 zugelassen.

Astrazeneca:

Der Wegfall der Priorisierung bei Astrazeneca geht auf einen Vorschlag Spahns zurück. Der Bund beruft sich dabei auf einen Passus der Impfverordnung. Demnach kann von der Reihenfolge etwa nach Alter, Vorerkrankungen und Berufsgruppen abgewichen werden, wenn dies für eine effiziente Organisation oder eine zeitnahe Verwendung vorhandener Impfstoffe notwendig ist. Mehrere Bundesländer wie Berlin haben für den Impfstoff bereits die Priorisierung aufgehoben. In Berlin kann man sich Termine dafür bei Hausärzten geben lassen.

Laut Robert Koch-Institut wurden inzwischen rund 6,3 Millionen Astrazeneca-Dosen geimpft. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums wurden 9,3 Millionen Astrazeneca-Dosen an Länder und Großhändler ausgeliefert. Der britisch-schwedische Hersteller war immer wieder in den Schlagzeilen - obwohl Experten dessen Impfstoff Vaxzevria für gleichermaßen geeignet halten wie die Vakzine anderer Hersteller.

Beim Einsatz in jüngeren Altersgruppen traten 4 bis 16 Tage nach der Impfung selten teils tödliche Blutgerinnsel im Gehirn auf. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) den Einsatz für Menschen ab 60 Jahren. In der Altersgruppe falle die Nutzen-Risiko-Abwägung „eindeutig zu Gunsten der Impfung“ aus. Denn mit dem Alter steigt das Risiko für schwere und tödliche Verläufe. Auch für Jüngere ist die Impfung mit dem Präparat aber möglich - „nach ärztlicher Aufklärung und bei individueller Risikoakzeptanz durch den Patienten“, so die Impfkommission.

Priorisierung:

Die Impfkommission hatte dafür plädiert, zunächst weiter an der Bevorzugung besonders gefährdeter Gruppen bei den Impfungen festzuhalten. Es gebe bei anhaltend hoher Impfbereitschaft einen „noch beträchtlichen Anteil an impfbereiten Personen mit hohem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf, die noch keine Möglichkeit zur Impfung hatten“. Das betreffe viele 70- bis 79-Jährige und noch mehr 60- bis 69-Jährige - insgesamt Millionen Menschen. Auch bei jüngeren Vorerkrankten sei nur etwa ein Viertel einmal geimpft. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur erklärte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens, diese Erklärung beziehe sich auf die aktuelle Stiko-Empfehlung - „also auch auf Astrazeneca“. Voraussichtlich im Juni soll die Priorisierung laut Spahn in Deutschland generell aufgegeben werden.

Flexibilität bei Astrazeneca:

Künftig soll es dem Arzt in Absprache mit dem Impfling laut Bund-Länder-Beschluss auch freigestellt werden, den Abstand für eine Astrazeneca-Zweitimpfung zwischen vier und zwölf Wochen festzulegen. „Die Zweitimpfung haben jetzt viele lieber früher, auch mit Blick auf den Sommer - das geht mit Astrazeneca auch innerhalb der Zulassung“, hatte Spahn bereits im WDR gesagt. Astrazeneca-Geimpfte müssten dann weniger lang warten bis zum Wegfall von Corona-Einschränkungen. Erleichterungen für Geimpfte passierten nun den Bundestag und sollen an diesem Freitag im Bundesrat besiegelt werden. Allerdings hätten Astrazeneca-Geimpfte im Fall einer früheren zweiten Spritze den Nachteil einer womöglich geringeren Wirksamkeit.

Die Impfkommission empfiehlt für das Präparat nämlich einen Abstand von 12 Wochen zwischen erster und zweiter Dosis. Hintergrund sind Beobachtungen, dass der längere Abstand zu einer besseren Wirksamkeit führt. Die Wirksamkeit einer zweimaligen Impfung im Abstand von vier bis acht Wochen liege laut einem Bericht der europäischen Zulassungsbehörde EMA bei 50,4 Prozent. Bei zwölf und mehr Wochen steige sie auf 72,1 Prozent bis 82,4 Prozent an.

Impfungen für 12- bis 18-Jährige:

Laut Beschluss von Bund und Ländern soll allen 12 bis 18-Jährigen bis Ende August ein Impfangebot mit dem Biontech/Pfizer-Vakzin gemacht werden. Die Voraussetzung ist eine rechtzeitige Zulassung ab 12 vorher. Die europäische Zulassungsbehörde EMA will ihr Votum im Juni abgeben. Für Erst- und Zweitimpfung dieser Jahrgänge sind in Deutschland etwa zehn Millionen Dosen notwendig. Die Länder sollen entsprechende Konzepte erstellen - beispielsweise mit ausdrücklichen Einladungen in die Impfzentren oder Reihenimpfungen in den Schulen.

In Kanada darf der Impfstoff von Biontech/Pfizer bereits 12- bis 15-Jährigen verabreicht werden. In den USA könnte die Zulassung ab 12 schon in den kommenden Tagen erfolgen. Eine klinische Studie in der Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren in den USA hatte eine Wirksamkeit von 100 Prozent gezeigt.

(dpa)
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