Reaktionen auf Flüchtlinge Bald Grenzkontrollen in Baden-Württemberg?

Berlin · In Italien werden in diesem Jahr 250.000 Flüchtlinge erwartet. Das Land Baden-Württemberg will die Lage weiter beobachten und schließt einen verstärkten Einsatz an den Grenzen nicht aus.

 Bundespolizisten kontrollieren den Grenzübergang an der A5 an der Schweizer Grenze bei Weil am Rhein.

Bundespolizisten kontrollieren den Grenzübergang an der A5 an der Schweizer Grenze bei Weil am Rhein.

Foto: dpa

Die Bundesregierung sieht zwar noch keinen Anlass für offizielle Grenzkontrollen zwischen Deutschland und der Schweiz. Baden-Württemberg bereitet sich aber auf ein massives Eingreifen vor, denn in Italien werden in diesem Jahr 250 000 Mittelmeerflüchtlinge erwartet.

„Wir werden das Mittelmeer in den kommenden Wochen scharf im Blick haben“, sagte Landesinnenminister Thomas Strobl unserer Redaktion. „Noch haben wir die Grenze zur Schweiz gut unter Kontrolle, aber sollte sich die Lage an der italienisch-schweizerischen und in der Folge an der schweizerisch-deutschen Grenze verschärfen, werden wir handeln“, kündigte der CDU-Politiker an.

Nach Angaben seines Ministeriums hatte sich die Zahl der illegalen Grenzübertritte aus der Schweiz zu Beginn des Jahres gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres von 307 auf 914 fast verdreifacht. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies darauf, dass im Oktober vergangenen Jahres eine verstärkte Schleierfahndung, also auch verdachtsunabhängige Personenkontrollen, vereinbart worden sei. „Wenn man mehr hinguckt, wird man immer mehr finden“, erläuterte der Sprecher. Jüngste Daten, die erst in einer Rohfassung vorlägen, deuteten darauf hin, dass sich die extreme Steigerung nicht fortgesetzt habe, die Zahlen wieder zurückgegangen seien.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verwies darauf, dass die Aufgriffe von illegal Eingereisten an der bayerisch-österreichischen Grenze nach wie vor gering seien und sich eine Steigerung derzeit nicht feststellen lasse. „Das zeigt, dass unsere Unterstützung der Bundespolizei bei der Grenzkontrolle funktioniert“, stellte Herrmann fest.

Nach langem politischen Tauziehen hatte die Bundesregierung entschieden, das Mitwirken der bayerischen Landespolizei an den eigentlich allein dem Bund obliegenden Grenzkontrollen zuzulassen. Wenn an anderen deutschen Grenzen die Zahlen stiegen, spreche alles dafür, „dass die anderen Bundesländer stärker kontrollieren müssen“, erklärte der CSU-Politiker.

Strobl verwies darauf, dass er zu dieser Frage in einem ständigen Dialog mit dem Bundesinnenminister sei. „Wir werden gegebenenfalls das Notwendige tun – bis hin zu Grenzkontrollen“, erklärte Strobl. Die Landespolizei sei bereits verstärkt worden. Strobl: „Wir wissen um die Lage und werden zu jedem Zeitpunkt die notwendigen Schritte in die Wege leiten.“

Insgesamt sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums von Januar bis März 47.300 Asylsuchende nach Deutschland eingereist. Ein Blick auf die Hauptstaatsangehörigkeiten der Flüchtlinge belegt einen doppelten Befund: Dass die Zahl insgesamt drastisch zurückgegangen ist, dass es aber offenkundig zu einer Verlagerung hin zu mehr Flüchtlingen aus Afrika kommt, die in der Mehrzahl den Weg über das Mittelmeer wagen.

Auf der einen Seite sank im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Syrer von 89.292 auf 12.252, die der Afghanen von 20.257 auf 5952, die der Iraker von 25.942 auf 5321 und die der Albaner von 3679 auf 1737. Dagegen stieg die Zahl der Eritreer von 2422 auf 3468, die der Somalier von 614 auf 2048 und die der Nigerianer von 880 auf 1926. Auch die Folgen des in der Türkei vereitelten Putsches und nachfolgenden Ausnahmezustandes schlagen sich in den Eingangszahlen nieder. So stieg die Zahl der Türken mit Asylbegehren von 550 im ersten Quartal vergangenen Jahres auf 1677 seit Beginn dieses Jahres.

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