Gernot Fritz Beharrlich in Bonn

BERLIN · DAS PORTRÄT: Gernot Fritz löste im Wulff-Verfahren Ermittlungen gegen den Celler Generalstaatsanwalt aus.

 Gernot Fritz.

Gernot Fritz.

Foto: Archiv

Christian Wulff, Bundespräsident außer Diensten, hat Recht behalten: "Was die anstehende rechtliche Klärung angeht, bin ich davon überzeugt, dass sie zu meiner vollständigen Entlastung führen wird. Ich habe mich in meinen Ämtern stets rechtlich korrekt verhalten."

Zwei Sätze Wulffs vom Tag seines Rücktritts vom höchsten Staatsamt am 17. Februar 2012. Gut zwei Jahre später sprach das Landgericht Hannover Wulff vom Vorwurf der Vorteilsannahme frei. Es war ein Freispruch erster Klasse. Im Sommer vergangenen Jahres, wenige Tage nach seiner Buchvorstellung ("Ganz oben Ganz unten") in Berlin, zog die Staatsanwaltschaft Hannover, die mit großem Aufwand ermittelt hatte, dann auch ihren Antrag auf Revision zurück. Wulff war damit - zumindest juristisch - rehabilitiert.

Dass sich die Dinge in der ehemaligen Causa Wulff inzwischen sehr gedreht haben, liegt auch an einem Juristen aus Bonn. Gernot Fritz, 62 Jahre alt, Rechtsanwalt einer Bonner Kanzlei, hat im vergangenen Jahr durch eine Strafanzeige das nun laufende Ermittlungsverfahren gegen den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig mit ins Rollen gebracht. Lüttig steht im Verdacht des Geheimnisverrats.

Ihm wird vorgeworfen, als früherer Leiter der Strafrechtsabteilung im niedersächsischen Justizministerium sowie als Generalstaatsanwalt geheime Informationen an Dritte weitergegeben zu haben. Darunter sollen auch "Durchstechereien" an Medien sein. Sieben Fälle dieses Verdachts des Geheimnisverrats betreffen das Verfahren gegen Wulff, ein Fall bezieht sich auf das Verfahren gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Zwei Verdachtsmomente im Ermittlungserfahren gegen Wulff zeigte der Bonner Rechtsanwalt Fritz an.

Fritz hat einen Bezug zum Bundespräsidialamt. In seiner früheren Laufbahn war der promovierte Verfassungsrechtler unter Bundespräsident Roman Herzog stellvertretender Leiter des Bundespräsidialamtes. Neben dem "Verdacht der Verletzung von Privatgeheimnissen durch Amtsträger" verfolgt Fritz noch weiteres mögliches strafbares Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft im Fall Wulff.

Fritz sieht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Ermittlungsaufwandes zum Anlass nicht gewahrt, sondern glaubt, dass von der Staatsanwaltschaft "der irrwitzige Aufwand" nur betrieben worden sei, um gegen Wulff "wenigstens im Nachhinein irgendetwas strafrechtlich Vorwerfbares zu finden". Er stellt dabei die Notwendigkeit von Ermittlungen in der Sache Wulff nicht in Frage, aber eben den Umfang.

In einem Schreiben an den Vizepräsidenten des niedersächsischen Landesrechnungshofes, Fritz Müller, listete Fritz vergangene Woche den aus seiner Sicht übermäßigen Aufwand der Strafermittler nochmals auf. "Obwohl es bei den Ermittlungen gegen Bundespräsident a.D. Wulff um zeitlich, örtlich und sachlich sehr eng begrenzte Tatvorwürfe ging, wurde eine 28-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet, in der vier Staatsanwälte und 24 Beamte des LKA 14 Monate tätig waren."

Bundesweit und international seien unter anderem 93 Zeugen gehört, 380 Aktenordner sichergestellt, 45 Bankkonten kontrolliert, 37 Telefonanschlüsse überprüft und drei ausländische Staaten um Rechtshilfe ersucht worden. Insgesamt seien eine Million Daten ausgewertet worden. Diesem Aufwand stand in der späteren Anklage ein Betrag von 753 Euro gegenüber. Es bestehe der Verdacht der "Haushaltsuntreue". Fritz kann offenbar einen zweiten Erfolg verbuchen: Nun will sich auch der niedersächsische Landesrechnungshof mit dem Fall befassen.

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