Kommentar zur Schäuble-Nachfolge Beispiellose Aufgabe

Meinung | Bonn · Die Schäuble-Nachfolge kommentiert Raimund Neuß.

Er hat vermeintlich alles falsch gemacht und vermutlich gerade deshalb viel richtig. Linken Kritikern gilt Wolfgang Schäuble als Stabilitätsideologe, der EU-Krisenländer zum Kaputtsparen zwang. Auf dem rechten Flügel, auch in Teilen der eigenen Partei, wird er als vaterlandsloser Geselle angesehen, der deutsches Steuergeld ins mediterrane Chaos pumpt.

Das sind Zerrbilder. Die Wahrheit ist, dass die Kollegen der Eurogruppe den Finanzminister Schäuble ebenso vermissen werden wie die Bürger des eigenen Landes. Und dass die FDP, zu deren Gunsten Schäuble aus dem Kabinett komplimentiert wurde, sich mit der Kandidatensuche schwer tut.

Es ist zwar schön, dass Wolfgang Kubicki nach eigener Einschätzung „alles“ kann. Aber Finanzminister des größten Eurolandes zu sein ist eine weltweit beispiellose Aufgabe, weil EU und Währungsunion einzigartige Institutionen sind.

ESM soll Regelhüter werden

Jeder deutsche Finanzminister wird sich Rufen nach mehr Geld für die EU gegenübersehen. Die britischen Beiträge fallen weg, und die Ideen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron kann man nicht einfach vom Tisch wischen.

Umverteilung setzt aber, wenig populär im Süden, gemeinsame Normen voraus und damit einen Verzicht auf Souveränität. Logisch, dass Schäuble auf Macrons Vorstoß mit dem Vorschlag reagierte, den Rettungsfonds ESM zum Regelhüter zu machen.

Diese Idee zum Abschied ist typisch für Schäubles Mischung aus Prinzipientreue, Flexibilität und Sorge um den Zusammenhalt Europas. Die Liberalen sollten bei dem Mann eine Schulung buchen.

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